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128 Die Geburt der Tragödie

zurückbekommen. Strabo 11 p. 512 nennt die Sakaeen ein bacchisches Fest.
Bei Babyloniern Armeniern Persern dasselbe Fest, damit zu vergleichen die
Saturnalien, Floralien, Nonae caprotinae der Römer, ein Sclavenfest auf Creta,
das lydisch-smyrnäische Sclavinnenfest Eleutheria, die thessalischen Pelorien“
(KGW II 3, 13). Die gleiche katalogartige Aufzählung bietet Bachofen in seiner
im Februar 1870 erschienenen Abhandlung Die Sage von Tanaquil (GW VI,
S. 12), die Wagner in seiner Bibliothek hatte.
32,14 f. Apollo, der das Medusenhaupt keiner gefährlicheren Macht entgegen-
halten konnte] Auf dem Schild des Zeus, der Aigis, war das grauenerregende
Haupt der Gorgo Medusa zu sehen, das den Betrachter erstarren ließ: stärkster
Ausdruck eines Abwehrzaubers. Zeus verleiht die Aigis der Athene, zu deren
typischen Attributen sie gehört; in der Ilias (15, 229 f.; 15, 318; 24, 20 f.) leiht er
sie auch dem Apollon.
32,16-18 Es ist die dorische Kunst, in der sich jene majestätisch-ablehnende
Haltung des Apollo verewigt hat.] In 41, 12-23 geht N. auf den Charakter des
Dorischen und auch der „dorischen Kunst“ genauer ein. Er legt dabei die ihm
seit seiner Schulzeit bekannte große Darstellung eines im 19. Jahrhundert
bedeutenden Altertumsforschers zugrunde: Karl Otfried Müller (1797-1840)
hatte 1824 das zweibändige Werk Die Dorier veröffentlicht. Darin konstruierte
er eine „ächt-hellenische“ Kultur, deren reine Form er den ,Doriern4 zuschrieb,
um sie gegen das - kurz vorher vor allem von Creuzer behauptete - orientali-
sche Erbe abzugrenzen. Schon Friedrich Schlegel hatte in seiner frühen Schrift
Von den Schulen der griechischen Poesie aus dem Jahr 1794 den „Dorischen
Nationalcharakter“ sowie die „Dorische Nationalkultur“ hervorgehoben und
dann geschrieben: „Die Dorier waren gewissermaßen der ältere, reinere, natio-
nalste Griechische Stamm“. Im Bereich der Kunst pries er vor allem die
„Musik“, zu der er auch die „lyrische Poesie“ rechnete. Und ganz mit Winckel-
manns ,apollinischen4 Kategorien charakterisierte er auch die dorische Lebens-
haltung: „Der Ton ihrer Sittlichkeit war Größe, Einfalt, Ruhe; friedlich und
doch heldenmütig, lebten sie in einer edeln Freude“ (Kritische Friedrich-Schle-
gel-Ausgabe, hg. von Ernst Behler unter Mitwirkung von Jean-Jacques Anstett
und Hans Eichner, Erster Band: Studien des klassischen Altertums, eingeleitet
und hg. von Ernst Behler, Paderborn u. a. 1979, S. 3-18, hier S. 8. u. 10).
32,19 f. als endlich aus der tiefsten Wurzel des Hellenischen heraus sich ähnli-
che Triebe Bahn brachen] Wieder versucht N. die Annahme abzuwehren, der
griechische Dionysoskult habe orientalische „Wurzeln“. Bei den Zeitgenossen
galt Thrakien als die eigentliche Heimat des Dionysoskults. So schreibt N.s
Freund Erwin Rohde, der die Tragödienschrift gegen die Angriffe von Wilamo-
witz verteidigt hatte, in seinem erstmals 1890-94 erschienenen zweibändigen
 
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