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Stellenkommentar GT 7, KSA 1, S. 49-51 169

versalia ante rem“ (vgl. das Schopenhauer-Zitat 106, 33 f.); und in der gleichen
Partie, die N. aus Die Welt als Wille und Vorstellung I „in ihrer ganzen Länge“
zitiert, pointiert Schopenhauer die „Allgemeinheit“ der musikalischen Sprache
(vgl. vor allem 105, 10-14). Entsprechend betont N. in dem hier zu erörternden
Passus die Universalität der Musik mit einer ganzen Reihe von Begriffen:
„Unumschränktheit“, „ungeheuerste Allgemeinheit“, „Allgültigkeit“, um
anschließend ihre Totalität hervorzuheben, indem er von der „Weltsymbolik
der Musik“ spricht (51, 24). Zugleich wird erkennbar, daß der „Geist der Musik“
eine Hypostasierung der Schopenhauerschen Interpretation der Musik ist.
Obwohl es an dieser Stelle heißt, daß die „Musik selbst“ „das Bild und den
Begriff [...] nur neben sich erträgt“ (51, 20f.), ist später (110, 30f.) vom „Rin-
gen des Geistes der Musik nach bildlicher und mythischer Offenbarung“ die
Rede.
51, 24-29 Der Weltsymbolik der Musik ist eben deshalb mit der Sprache auf
keine Weise erschöpfend beizukommen, weil sie sich auf den Urwiderspruch und
Urschmerz im Herzen des Ur-Einen symbolisch bezieht, somit eine Sphäre symbo-
lisirt, die über alle Erscheinung und vor aller Erscheinung ist] Schopenhauers
metaphysische Aufwertung der Musik und ihren Vorrang dokumentiert N. in
seinem ausführlichen Schopenhauer-Referat in GT 16 (105, 4-107,16) mit einem
Schopenhauer-Zitat. Der „Urwiderspruch und Urschmerz im Herzen des Ur-
einen“ bezieht sich auf Schopenhauers Auffassung des „Willens“, der als
Grunddisposition des Daseins zu widerspruchsvoller Zerrissenheit, Schmerz
und Leiden führt.
7. Kapitel
Die Kapitel 7 und 8 behandeln den Ursprung der Tragödie und bilden das
Zentrum der ganzen Schrift, worauf bereits ihr Titel hinweist. Alles Bisherige
erklärt N. im ersten Satz von GT 7 als hinführende Vorbereitung. Die schon in
den vorausgehenden Kapiteln auffallende Konzentration auf die Frage nach
dem „Ursprung“, dem „Ursprünglichen“, dem „Ur-Einen“, und die Vorliebe
für geschichtlich kaum faßbare Frühformen, ja für metaphysische „Principien“
bestimmt auch diese Kapitel. Das Interesse am „Ursprung“ richtet sich nicht
auf eine historisch-genetische Erkenntnis, sondern darauf, den Ursprung mit
dem Wesen gleichzusetzen. Die damit eröffneten spekulativen Perspektiven
erlauben es, erstens alles Spätere als ein durch „Cultur“ und „Civilisation“
verschuldetes Abweichen von dieser ursprünglichen „Natur“ (ein Leitmotiv
auch späterer Kapitel) und demgemäß als Niedergang darzustellen, zweitens
der Musik auch hier, wie schon in den vorherigen Kapiteln über die Lyrik, die
 
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