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214 Die Geburt der Tragödie

gebürt des Dionysus“ durch Demeter, die den Dionysos „noch einmal gebä-
ren“ sollte. „Die Hoffnung der Epopten“, die sich in der hier zu erörternden
Partie „auf eine Wiedergeburt des Dionysus“ richtet, präludiert die in Kapi-
tel 16 hoffnungsvoll beschworene „Wiedergeburt der Tragödie“ durch
Richard Wagner (103, 13 f.); und wie „der brausende Jubelgesang der Epopten“
hier in der Hoffnung auf eine Wiedergeburt des Dionysos ertönt, welche „das
Ende der Individuation“ anzeigt, wird in Kapitel 16 „unter dem mystischen
Jubelruf des Dionysus der Bann der Individuation zersprengt“ (103, 27 f.). So
gerät Dionysos zum mythologischen Symbol von Wagners „Musik als der dio-
nysischen Kunst“ (103, 31), die ihre „metaphysische“ Dignität durch Schopen-
hauers Musiktheorie erhalten hat (104, 3-9 ff.).
Ein derartiges „symbolisches“ Verfahren im Umgang mit der griechischen
Mythologie war in dem von N. herangezogenen Grundwerk der romantischen
Mythologie verankert, in Georg Friedrich Creuzers Symbolik und Mythologie der
alten Völker, besonders der Griechen (vgl. NK 72,11-20). Creuzer legte besonde-
ren Wert gerade auf das mit Dionysos verbundene Mysterienwesen, das N. hier
thematisiert, und bezog auch die Zagreus-Überlieferung mit ein. Es ist letztlich
das von Creuzers romantischer „Symbolik“ (die Johann Heinrich Voß zuerst in
der Jenaischen Literaturzeitung, Mai 1821, scharf rezensierte und dann ausführ-
lich in seiner Antisymbolik, Stuttgart 1824, attackierte) ausgehende Interesse
an der „symbolisch“-spekulativen Ausdeutung statt an der historischen Über-
lieferung der griechischen Mythologie, das N.s Methode in GT bestimmt. Seine
Ausdeutung macht die griechische Mythologie zur archetypischen „Symbolik“
von Schopenhauers Philosophie und Wagners Musik. Er verwandelt Creuzers
„Symbolik“, die sich nach dem Muster des Neuplatonismus auf Theologumena
hin orientiert, in eine säkulare philosophisch-ästhetische Symbolik. In der Par-
tie des 16. Kapitels, die sich auf die hier zu erörternde Partie des 10. Kapitels
zurückbezieht, kommt dies in einer paradigmatischen Formulierung zum Aus-
druck. „Ohne jede Anleitung der hellenischen Göttersymbolik“ (d. h. ohne die
von N. exponierte Polarität von Dionysos und Apollon), so heißt es darin (103,
33 ff.), habe Schopenhauer seine „metaphysische“ Musiktheorie entwickelt, die
dann zur Grundlage von Wagners „Aesthetik“ geworden sei. Diese bei Scho-
penhauer noch nicht vorhandene „Anleitung der hellenischen Göttersymbolik“
will N. in seinen Ausführungen nachliefern.
In diesem Horizont wird auch erst verständlich, warum N. scheinbar dys-
funktional auf einzelne Elemente des Mysterienwesens und des Dionysos-
Zagreus eingeht. Mehrfach nennt er die „Epopten“ (72, 25-29: „Die Hoffnung
der Epopten ging aber auf eine Wiedergeburt des Dionysus [...], diesem kom-
menden dritten Dionysus erscholl der brausende Jubelgesang der Epopten“).
Ein Epopt, ein „Schauender“ (enönTriq), war in der Terminologie der Mysterien
 
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