Stellenkommentar GT 13, KSA 1, S. 88 271
Kallias), in dem ein Dialogpartner den Euripides mit den Worten provoziert:
„Schon forderst du Respekt und wirfst dich in die Brust“ (t( öp ov oepvp Kai
cppovEtq ovtcü pcya;), worauf Euripides antwortet: „Ich darf es, denn Sokrates
steht mir zur Seite“ (e^ecttl yötp por ZGJKpäTpq ydp aiTioq).
88,14-22 Beide Namen wurden von den Anhängern der „guten alten Zeit“ in
einem Äthern genannt, wenn es galt, die Volksverführer der Gegenwart aufzuzäh-
len: von deren Einflüsse es herrühre, dass die alte marathonische vierschrötige
Tüchtigkeit an Leib und Seele immer mehr einer zweifelhaften Aufklärung, bei
fortschreitender Verkümmerung der leiblichen und seelischen Kräfte, zum Opfer
falle. In dieser Tonart, halb mit Entrüstung, halb mit Verachtung, pflegt die aris-
tophanische Komödie von jenen Männern zu reden] In dieser „Tonart“, die N.
weitgehend übernimmt, behandeln die Frösche des Aristophanes den Euripi-
des, die Wolken den Sokrates. Der Vorwurf der Verführung („Volksverführer“)
ist ein zentraler Bestandteil der Anklageschrift, auf deren Grundlage Sokrates
im Jahre 399 v. Chr. zum Tode verurteilt wurde. Darin ist von der Verführung
der Jugend die Rede, während N. bezeichnenderweise von „Volksverführern“
spricht. Die Klageschrift ist eines der wenigen Zeugnisse über Sokrates, die mit
großer Wahrscheinlichkeit in authentischer Form überliefert sind. Diogenes
Laertius dokumentiert sie mit folgenden Worten (2, 40): „Die Klageschrift aber,
die, dem Zeugnis des Favorinus zufolge, noch heute in dem Metroon [Archiv]
aufbewahrt wird, lautet folgendermaßen: ,Diese Anklage verfaßte und reichte
unter Eid ein Meletos, des Meletos Sohn aus dem Demos Pitthos, gegen Sokra-
tes, des Sophroniskos Sohn aus dem Demos Alopeke: Sokrates versündigt sich
durch Ableugnung der vom Staate anerkannten Götter sowie durch Einführung
neuer göttlicher Wesen; auch vergeht er sich an der Jugend, indem er sie ver-
führt. Der Antrag geht auf Todesstrafe4.“ Diogenes Laertius beruft sich auf
mehrere - nicht sicher überprüfbare, z.T. auf Platon und Xenophons Erinnerun-
gen an Sokrates zurückgehende - Nachrichten, denenzufolge die Anklage
gegen Sokrates aus verletzter Eitelkeit und Gehässigkeit erhoben wurde (2, 38:
„Daher denn auch die große Gehässigkeit gegen ihn, die ihren Grund auch
darin hatte, daß er die eiteln Herren, die sich wer weiß was auf sich einbilde-
ten, ihrer Torheit überführte, wie z.B. den Anytos, wie es im Menon des Platon
zu lesen ist. Dieser nämlich, erbost über den Spott des Sokrates, reizte
zunächst den Aristophanes gegen ihn auf, dann überredete er auch den Mele-
tos, ihn gerichtlich zu belangen wegen Gottlosigkeit und als Verführer der
Jugend“).
N. spart mit seiner Beschränkung auf die karikaturistisch übertriebene Dar-
stellung des Sokrates durch Aristophanes bewußt die positiven Darstellungen
des Sokrates aus, darunter auch relativ zuverlässige Zeugnisse, obwohl sie ihm
wohlbekannt waren. Gerade die von N. im Anschluß an Aristophanes geprie-
Kallias), in dem ein Dialogpartner den Euripides mit den Worten provoziert:
„Schon forderst du Respekt und wirfst dich in die Brust“ (t( öp ov oepvp Kai
cppovEtq ovtcü pcya;), worauf Euripides antwortet: „Ich darf es, denn Sokrates
steht mir zur Seite“ (e^ecttl yötp por ZGJKpäTpq ydp aiTioq).
88,14-22 Beide Namen wurden von den Anhängern der „guten alten Zeit“ in
einem Äthern genannt, wenn es galt, die Volksverführer der Gegenwart aufzuzäh-
len: von deren Einflüsse es herrühre, dass die alte marathonische vierschrötige
Tüchtigkeit an Leib und Seele immer mehr einer zweifelhaften Aufklärung, bei
fortschreitender Verkümmerung der leiblichen und seelischen Kräfte, zum Opfer
falle. In dieser Tonart, halb mit Entrüstung, halb mit Verachtung, pflegt die aris-
tophanische Komödie von jenen Männern zu reden] In dieser „Tonart“, die N.
weitgehend übernimmt, behandeln die Frösche des Aristophanes den Euripi-
des, die Wolken den Sokrates. Der Vorwurf der Verführung („Volksverführer“)
ist ein zentraler Bestandteil der Anklageschrift, auf deren Grundlage Sokrates
im Jahre 399 v. Chr. zum Tode verurteilt wurde. Darin ist von der Verführung
der Jugend die Rede, während N. bezeichnenderweise von „Volksverführern“
spricht. Die Klageschrift ist eines der wenigen Zeugnisse über Sokrates, die mit
großer Wahrscheinlichkeit in authentischer Form überliefert sind. Diogenes
Laertius dokumentiert sie mit folgenden Worten (2, 40): „Die Klageschrift aber,
die, dem Zeugnis des Favorinus zufolge, noch heute in dem Metroon [Archiv]
aufbewahrt wird, lautet folgendermaßen: ,Diese Anklage verfaßte und reichte
unter Eid ein Meletos, des Meletos Sohn aus dem Demos Pitthos, gegen Sokra-
tes, des Sophroniskos Sohn aus dem Demos Alopeke: Sokrates versündigt sich
durch Ableugnung der vom Staate anerkannten Götter sowie durch Einführung
neuer göttlicher Wesen; auch vergeht er sich an der Jugend, indem er sie ver-
führt. Der Antrag geht auf Todesstrafe4.“ Diogenes Laertius beruft sich auf
mehrere - nicht sicher überprüfbare, z.T. auf Platon und Xenophons Erinnerun-
gen an Sokrates zurückgehende - Nachrichten, denenzufolge die Anklage
gegen Sokrates aus verletzter Eitelkeit und Gehässigkeit erhoben wurde (2, 38:
„Daher denn auch die große Gehässigkeit gegen ihn, die ihren Grund auch
darin hatte, daß er die eiteln Herren, die sich wer weiß was auf sich einbilde-
ten, ihrer Torheit überführte, wie z.B. den Anytos, wie es im Menon des Platon
zu lesen ist. Dieser nämlich, erbost über den Spott des Sokrates, reizte
zunächst den Aristophanes gegen ihn auf, dann überredete er auch den Mele-
tos, ihn gerichtlich zu belangen wegen Gottlosigkeit und als Verführer der
Jugend“).
N. spart mit seiner Beschränkung auf die karikaturistisch übertriebene Dar-
stellung des Sokrates durch Aristophanes bewußt die positiven Darstellungen
des Sokrates aus, darunter auch relativ zuverlässige Zeugnisse, obwohl sie ihm
wohlbekannt waren. Gerade die von N. im Anschluß an Aristophanes geprie-