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342 Die Geburt der Tragödie

119, 2-4 denken wir uns den kühnen Schritt dieser Drachentödter, die stolze
Verwegenheit, mit der sie allen den Schwächlichkeitsdoctrinen jenes Optimismus
den Rücken kehren] Anspielung auf Siegfried, den Helden in Wagners gleichna-
migem Musikdrama. N. übernahm diese Stelle mit einigen Änderungen aus
dem ursprünglichen Vorwort an Richard Wagner vom Februar 1871. Vgl. den
folgenden Kommentar.
119, 4 f. um im Ganzen und Vollen „resolut zu leben“] Zitat aus Goethe, Gesel-
lige Lieder: Generalbeichte, V. 35. Dieser Passus, zusammen mit dem vorange-
henden über die „Schwächlichkeitsdoctrinen jenes Optimismus“ und mit den
alsbald folgenden Versen aus dem Faust II, stammt aus dem ursprünglichen
Vorwort an Richard Wagner, das im Februar 1871 entstanden war. Darin heißt
es (KSA 7, 356, 25-357, 2): „Wer anders als der deutsche Jüngling wird die
Unerschrockenheit des Blicks und den heroischen Zug in’s Ungeheure haben,
um allen jenen schwächlichen Bequemlichkeitsdoktrinen des liberalen Opti-
mismus in jeder Form den Rücken zu kehren und im Ganzen und Vollen reso-
lut zu leben4? Wobei nicht ausbleiben wird, daß er, der tragische Mensch, bei
seiner Selbsterziehung zum Ernst und zum Schrecken, auch die von uns
gemeinte griechische Heiterkeit als Helena begehren und mit Faust ausrufen
muß:
Und sollt’ ich nicht, sehnsüchtigster Gewalt,
In’s Leben ziehn die einzigste Gestalt?“
119, 10 f. Und sollt’ ich nicht, sehnsüchtigster Gewalt, / In’s Leben ziehn die
einzigste Gestalt?] Zitat aus Faust II, Klassische Walpurgisnacht, V. 7438 f.
119, 20 f. wie Mephistopheles die verführerischen Lamien] Faust II, Klassische
Walpurgisnacht, V. 7791-7800. In Benjamin Hederichs Gründlichem mythologi-
schem Lexicon (Leipzig 1770), das Goethe für den Faust II intensiv zu Rate zog,
heißt es im Artikel Lamia (Sp. 1424): „des Belus und der Libye Tochter, gefiel
wegen ihrer Schönheit dem Jupiter so sehr, daß er mit ihr einen Sohn zeugete.
Weil aber Juno solchen aus Eifersucht umbrachte, so wurde Lamia nicht nur
vor Betrübniß ganz häßlich, sondern raubete auch und tödtete dargegen
andere Kinder wieder, die sie erhaschen konnte. Von ihr sollen die Lamien den
Namen haben [...] Man giebt solche für Gespenster aus, die nach Menschenflei-
sche und Blute sehr begierig gewesen und daher junge Leute durch allerhand
Reizungen an sich zu locken gesuchet. Zu dem Ende nahmen sie denn wohl
die Gestalt schöner junger Frauenspersonen an, die den Vorbeygehenden ihren
weißen Busen sehen ließen“.
 
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