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Marx, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1938, 10. Abhandlung): Die Entwicklung der Reflexlehre seit Albrecht von Haller bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts: vorgelegt in der Sitzung am 16. November 1938 — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.43756#0022
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Ernst Marx:

liehen Nervenkraft also wurde die Reizfähigkeit herausgenommen,
ihre Variabilität nach den Umständen angemerkt. An welcher
Stelle die Variabilität einsetzt oder einsetzen kann, sagt Prochaska
nicht, aber wir dürfen wohl als ein Beispiel dafür seine Bemer-
kungen überdas Sehen nehmen; darüber sagt er: zum deutlichen
Sehen gehört ein vollkommenes Sehorgan, gehörige Beleuchtung,
angemessene Entfernung des zu betrachtenden Gegenstandes und
die Aufmerksamkeit der Seele. Ich glaube, daß diese Aufmerk-
samkeit der Seele unter die Variabilität der Reizfähigkeit zu rech-
nen ist, doch ist damit nur etwas Dahingehörendes genannt,
dessen Anführung an dieser Stelle erkennen läßt, daß es nicht
unverrückbar ist. Zum mindesten ist es etwas, das in die Ge-
setzmäßigkeiten des nervösen Ablaufs nicht hineingezogen wor-
den ist. Auch die anderen Umstände, die für ein gutes Sehen
als notwendig aufgezählt worden sind, berühren nicht den ner-
vösen Akt, wenigstens wie Prochaska es an dieser Stelle be-
schreibt. Das vollkommene Sehorgan nämlich betrifft die opti-
sche Intaktheit, die gehörige Beleuchtung spricht von etwas außer-
halb des Vorganges im Menschen und die gehörige Entfernung
des zu betrachtenden Gegenstandes fällt wieder der Welt draußen
zu, obwohl Prochaska sehr wohl Bescheid weiß über die Akko-
modation, eine Regulierung doch also, die das Auge, der nervös-
seelisch tätige Mensch ausführen kann. So ist Prochaska stehen
geblieben bei einer Beschreibung der nervösen Gesetzmäßigkeiten
und hat das Seelische in sein System der nervösen Wirksamkeit
eigentlich nur mit Bemerkungen ä part eingefügt: daß die Seele
gleichsam zu Rate gezogen wird, bemerkt er bei der Besprechung
des Seelen-Sensoriums; über willkürliche Bewegungen heißt es,
daß willkürliche Muskeln einem inneren Reiz, nämlich dem Willen,
gehorchen, der automatisch durch die Nerven auf die Muskeln
übergeht; die Seele braucht garnicht zu wissen, welche Muskeln
bewegt werden, der Wille hat bloß die erste Intention zu geben;
für alle geistigen Tätigkeiten gibt Prochaska nur die Bezeich-
nungen an, so wie es auch in einer psychologischen Darstellung
geschehen könnte.
Das Bild vom Menschen bei Erasmus Darwin und
Georg Prochaska.
Erasmus Darwin hatte mit Sensorium die Lebenskraft, den
Geist der Belebung, und gleichzeitig die markige Substanz be-
 
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