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Marx, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1938, 10. Abhandlung): Die Entwicklung der Reflexlehre seit Albrecht von Haller bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts: vorgelegt in der Sitzung am 16. November 1938 — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.43756#0050
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50

Ernst Marx :

an Lamarck und Willis, Bell auch sehr stark durch die Kenntnis
der Rezeption durch Sinnesorgane und der Verarbeitung der
Sinneseindrücke an verschiedenen Stellen des Gehirns in seine
Forschungen hineingeführt wurde. Das ist natürlich keine Über-
raschung, aber Bickel hätte es doch deutlicher erwähnen und
unterstreichen sollen. — Bickel zitiert Lamarck und Willis und
resümiert die Forschungen des letzteren dahin, ,daß das Gehirn
(Cerebrum) das Organ der bewußten Empfindungen und Bewe-
gungen sei, im Gegensatz dazu das Kleinhirn (Cerebellum) in
erster Linie alle unbewußten Vorgänge vermittele und so auch
vermutlich den vitalen Funktionen diene’. In gleicher Weise geht
Bell an seine Untersuchungen heran: die Rechts - und Links-
Gleichheit des Gehirns und die Verschiedenheit
seines vorderen und hinteren Teiles (Großhirn, Klein-
hirn) sieht er in völligerübereinstimmungim Rücken-
mark wieder kehren und damit auch in den Nerven!
So ist der periphere Nerv nicht mehr einheitlich gebaut für ver-
schiedene Funktionen bestimmt, sondern er hat funktionsverschie-
dene Fasern voneinander getrennt zu einem Bündel ver-
einigt. Sie zerfallen in drei Kategorien: sensible, motorische und
vitale Nervenfasern. Aber sie treten nur an zwei Stellen aus
dem Zentralorgan aus; das Zentralorgan ist das Rücken-
mark als die Fortsetzung von Groß- und Kleinhirn.
Das Gesetz von 1811, das Bell aufstellte, hätte so lauten müs-
sen: „Die vorderen Rückenmarksnervenwurzeln sind gemischt,
motorisch und sensorisch, den hinteren aber stehen allgemeine
vitale Funktionen zu“ (Bickel). Magendie’s „Gesetz“ von 1822
aber würde so heißen: „Die vorderen Rückenmarksnervenwurzeln
haben vorwiegend motorische, die hinteren vorwiegend senso-
rische Funktionen“ (Bickel). Magendie, schon lange mit For-
schungen über die Natur der Nervenwurzeln beschäftigt, hörte
auch von Bell’s Versuchen durch dessen Schüler Shaw, mit dem
er korrespondierte. Die Briefe und seine Ergebnisse veröffentlichte
er 1822 im „Journal de physiologie . . .“. Er hat einem Tier den
Wirbelkanal eröffnet und auf einer Seite alle hinteren Wurzeln
durchschnitten. Anfangs schien das Tier neben der Unempfind-
lichkeit auf dieser Seite auch eine völlige Lähmung zu haben.
„Mais bientöt ä ma grande surprise, je le vis se mouvoir d’une
maniere tres apparente, bien que la sensibilite y füt toujours tout
ä fait eteinte“. Ein anderes Tier wurde an den vorderen Wurzeln
 
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