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Marx, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1938, 10. Abhandlung): Die Entwicklung der Reflexlehre seit Albrecht von Haller bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts: vorgelegt in der Sitzung am 16. November 1938 — Heidelberg, 1939

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43756#0124
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124

Ernst Marx:

große Leistung Exner’s. Hemmung der Bewegung, Bahnung für
eine später folgende Bewegung; die Cortex als Sitz des Bewußt-
seins, die verschiedenen subkortikalen Zentren nicht nur für die
Modifizierung der Bewegung, sondern auch für die Beeinflus-
sung zentripetal gehender Impulse — das sind die bei Exner
im Vordergrund stehenden physiologisch-anatomischen Gegeben-
heiten des menschlichen Zentralnervensystems für die Bewegung.
Die unterste Stufe der Sensomobilität nimmt der wahre Reflex
ein, bei dem weder der zentripetale Impuls noch der . Effekt des
zentrifugalen Impulses bewußt werden. Der Reflex erklärt nicht
mehr die kompliziertesten Vorgänge, sein Ausbau schafft keinen
Einblick mehr in die wirklichen, beschreibbaren Erscheinungen
des menschlichen Lebens. Neben dem wahren Vorhandensein des
Reflexes steht dann als höchste Sensomobilitäts-Stufe und als
höchste Äußerung des Menschen die bewußte Bewegung, die be-
wußte Empfindung macht. Die bewußte Empfindung läßt aber
auch erst bewußte Bewegung möglich werden. Dazwischen liegen
die anderen Stufen der Sensomobilität, in denen Cortex und Sub-
cortex sich gegenseitig für den Ablauf unterstützen und ihn für
den Effekt vorbilden.
Die Sensomobilität ist, mit Hilfe der Anatomie des Zentral-
nervensystems, die Aufstellung der psychophysischen Existenz
des Menschen geworden; sie wird nicht als Begriffenes hinge-
stellt, sondern gegeben wie eine empirische Erkenntnis,
die nun zur Diskussion steht nach ihrer Gesetzmäßigkeit, ihrem
Wesen, ihrer Bedeutung. Der Mensch als Objekt der Wissenschaft
und das Sein des Menschen, das wir selbst sind und das wir
leben, können damit eine neue quasi empirisch gefundene Basis
erhalten. So betrachtet, ginge Exner’s Sensomobilität also neben
der gegebenen Fixierung darauf aus, das Sein zu erkennen. Sie
enthält nicht das Begreifen, aber sie könnte die neue Methode
dazu geben. Wenn wir es so ansehen wollen, und ich glaube,
wir dürfen es von unserer Erfahrung aus tun, dann ist diese
Methode nicht nur ein neuer Weg, sondern bietet auch eine ge-
wisse Sicherheit, das Ziel auf diesem Weg zu erreichen.
 
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