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Soergel, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1940, 4. Abhandlung): Zur biologischen Beurteilung diluvialer Säugetierfaunen — Heidelberg, 1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.43797#0021
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Beurteilung diluvialer Säugetierfaünen
gleichen Ort beim Weiterbestehen der ortsgebundenen Bedin-
gungen eintraten, so können sie nur in einer Änderung der klima-
tischen Verhältnisse ihre Ursache gehabt haben. Wenn Busch-
und Krautvegetation verschwanden oder zum mindesten eine
sehr starke Einschränkung erfuhren, so müssen die klimatischen
Verhältnisse für die Pflanzenwelt ungünstiger geworden sein. Wo
bisher in Diluvialprofilen Mitteleuropas an Folgen von Pflanzen-
oder Schneckenbeständen ein Ungünstigerwerden des Klimas fest-
gestellt werden konnte, ließ sich aus der Gliederung und dem
petrographischen Charakter der Teilglieder des Gesamtprofils,
nicht selten auch aus dem Lagerungsverband zu glazialen oder
glazigenen Gesteinen beweisen, daß die Verschlechterung des
Klimas als ein Aufkommen eiszeitlicher Klimaverhältnisse zu
deuten sei. Und darum nur kann es sich auch in der Klimaver-
schlechterung handeln, die in der Folge der Schneckenbestände
des Travertinprofils in der Ganzhornstraße zum Ausdruck kommt.
Das eiszeitliche Klima ist in seiner Intensität und Reichweite
sehr stark mitbestimmt gewesen durch die Ausdehnung vor allem
der nordischen Eismassen. Je größer die Eiskalotte, desto breiter
die Gürtelzone mit voll-eiszeitlichem Klima, desto kräftiger die
Auswirkung auf eisfernere Gebiete. In jeder Phase einer Eiszeit,
besonders aber während der Vorstoßphase, müssen die klima-
tischen Verhältnisse nach Temperatur und anderen Eigenschaften
— abgesehen von den durch verschiedene Breitenlage und andere
örtliche Gegebenheiten bedingten Klimaunterschieden — in der
Richtung von eisnahen zu eisfernen Gebieten abgestaffelt gewesen
sein. Trat in der Gegend von Cannstatt eine die Entwicklung der
Pflanzenwelt stark beeinträchtigende Änderung des Klimas ein,
so muß ein neuerliches Vorstoßen der Eismassen schon länger
begonnen, so muß in Norddeutschland über den normalen Klima-
unterschied gegen Cannstatt hinaus schon ein härteres, dem eis-
zeitlichen ähnlicheres Klima als in der Gegend von Cannstatt ge-
herrscht haben. Die oberen Kalktuffpartien des Travertinprofils
in der Ganzhornstraße können deshalb im nördlichen Norddeutsch-
land ihre zeitlichen Äquivalente nur in Gesteinen haben, die nach
Fauna und Flora mehr einen glazialen denn einen interglazialen
Charakter tragen. Daß in dieser Zeit das Mammut sein Verbrei-
tungsgebiet nach Westen und Südwesten ausdehnen, daß es als
winterlicher Zuwanderer in Gebieten erscheinen mußte, die in der
wärmeren Jahreszeit ihm noch keine zusagenden Lebensbedin-
 
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