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Beurteilung diluvialer Säugetierfaunen
nur richtige Angaben enthielte, könnte sie nur eine Übersicht
über die Arten bieten, die in verschiedenen Gegenden „in einem
mitteleuropäischen Laubwaldklima während der letzten Inter-
glazialzeit“ gelebt haben. Nicht mehr. Die Faunentabelle ist aber
bei Penck als eine Zusammenfassung seiner faunistischen und
stratigraphischen Betrachtungen auch Grundlage für weitergehende
Folgerungen. „Wiewohl die Mitteltemperaturen des Riß-Würm-
Interglazials und der letzten Eiszeit“, schreibt Penck, „um rund
10° C auseinanderliegen, sind doch deren Faunen nicht stark
voneinander verschieden. Die meisten Säugetiere des Lößes sind
schon in den Kalktuffen von Weimar und Cannstatt, nahezu alle
in den Bärenlöchern vertreten“. Dieser Auffassung können wir
uns nicht anschließen.
Das Ausmaß der Verschiedenheit zweier Faunen bestimmt
nicht die Zahl der gemeinsamen, sondern, sofern es sich um
artenreiche, in Dezennien zusammengebrachte Faunen handelt,
die Zahl der nichtgemeinsamen Arten. Und nicht der Artenbestand
allein entscheidet, denn die einzelnen Arten sind nicht gleichwertig
in einem solchen Vergleich. Häufige Arten wiegen schwerer als
seltene, klimagebundene charakterisieren stärker als klimatisch
mehr oder weniger indifferente. Schließlich müssen, wo sie schon
erkannt sind, Unterarten und Rassen Berücksichtigung finden.
Prüfen wir, soweit es heute möglich ist, nach diesen Gesichts-
punkten das Ausmaß der Verschiedenheit zwischen der Säugetier-
fauna des Löß und der letzt-interglazialen Säugetierfauna der
Travertine der Gegend von Weimar, die wegen der großen Zahl
ihrer Arten von allen letzt-interglazialen Faunen für eine solche
Aufgabe am geeignetsten ist, so kommen wir zu einem wesent-
lich anderen Ergebnis als Penck.
Zur Säugetierfauna des Löß zählte ich in einer Arbeit (Soergel
1919), der Penck, wie er mitteilt, seine Angaben über die Löß-
fauna entnahm, 44 Arten. Penck’s Tabelle fügt ohne Quellenan-
gabe den Iltis und das Reh hinzu, sodaß er für die Säugetier-
fauna des Löß mit 46 Arten zu rechnen hat. Von diesen sollen
nach Penck 23, das wären also die Hälfte und nicht die „meisten“,
auch im letzt-interglazialen Travertin der Gegend von Weimar
vorkommen. Zu dieser letzt-interglazialen Travertinfauna zählt er
zu Unrecht die Säugetiere des oberen, dem Warthe-Weichsel-
Interstadial angehörenden Travertinkomplexes. Diese haben, so-
weit sie nicht auch aus dem unteren Travertin bekannt sind,
Beurteilung diluvialer Säugetierfaunen
nur richtige Angaben enthielte, könnte sie nur eine Übersicht
über die Arten bieten, die in verschiedenen Gegenden „in einem
mitteleuropäischen Laubwaldklima während der letzten Inter-
glazialzeit“ gelebt haben. Nicht mehr. Die Faunentabelle ist aber
bei Penck als eine Zusammenfassung seiner faunistischen und
stratigraphischen Betrachtungen auch Grundlage für weitergehende
Folgerungen. „Wiewohl die Mitteltemperaturen des Riß-Würm-
Interglazials und der letzten Eiszeit“, schreibt Penck, „um rund
10° C auseinanderliegen, sind doch deren Faunen nicht stark
voneinander verschieden. Die meisten Säugetiere des Lößes sind
schon in den Kalktuffen von Weimar und Cannstatt, nahezu alle
in den Bärenlöchern vertreten“. Dieser Auffassung können wir
uns nicht anschließen.
Das Ausmaß der Verschiedenheit zweier Faunen bestimmt
nicht die Zahl der gemeinsamen, sondern, sofern es sich um
artenreiche, in Dezennien zusammengebrachte Faunen handelt,
die Zahl der nichtgemeinsamen Arten. Und nicht der Artenbestand
allein entscheidet, denn die einzelnen Arten sind nicht gleichwertig
in einem solchen Vergleich. Häufige Arten wiegen schwerer als
seltene, klimagebundene charakterisieren stärker als klimatisch
mehr oder weniger indifferente. Schließlich müssen, wo sie schon
erkannt sind, Unterarten und Rassen Berücksichtigung finden.
Prüfen wir, soweit es heute möglich ist, nach diesen Gesichts-
punkten das Ausmaß der Verschiedenheit zwischen der Säugetier-
fauna des Löß und der letzt-interglazialen Säugetierfauna der
Travertine der Gegend von Weimar, die wegen der großen Zahl
ihrer Arten von allen letzt-interglazialen Faunen für eine solche
Aufgabe am geeignetsten ist, so kommen wir zu einem wesent-
lich anderen Ergebnis als Penck.
Zur Säugetierfauna des Löß zählte ich in einer Arbeit (Soergel
1919), der Penck, wie er mitteilt, seine Angaben über die Löß-
fauna entnahm, 44 Arten. Penck’s Tabelle fügt ohne Quellenan-
gabe den Iltis und das Reh hinzu, sodaß er für die Säugetier-
fauna des Löß mit 46 Arten zu rechnen hat. Von diesen sollen
nach Penck 23, das wären also die Hälfte und nicht die „meisten“,
auch im letzt-interglazialen Travertin der Gegend von Weimar
vorkommen. Zu dieser letzt-interglazialen Travertinfauna zählt er
zu Unrecht die Säugetiere des oberen, dem Warthe-Weichsel-
Interstadial angehörenden Travertinkomplexes. Diese haben, so-
weit sie nicht auch aus dem unteren Travertin bekannt sind,