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Lehmann, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1912, 13. Abhandlung): Neue Untersuchungen über flüssige Kristalle, 2 — Heidelberg, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.37317#0013
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Neue Untersuchungen über flüssige Kristalle. II.

(A. 13)13

erst bei weiterem Drehen des Präparats dunkel oder bleiben
überhaupt in jeder Stellung bell. Mit andern Worten, die meisten
Kristalle sind inhomogen, und zwischen den homogenen und in-
homogenen gibt es stetige Übergänge. Nun verlangen die oben
zitierten Definitionen von jedem Kristall Homogenität. Darf man
nichtsdestoweniger auch die inhomogenen flüssigen Kristalle als
solche bezeichnen? G. FRiEDEL und F. GRANDJEAN ^) schreiben:
„Nous appelons cristal toute portion homogene de matiere
cristaliisee". Ebenso E. RiECKE, wie oben angegeben, welcher
fortfährt: ,,Den LEHMANN'schen Tropfen fehlt jedenfalls die
Eigenschaft der Homogenität, und von diesem Gesichtspunkt aus
wären sie wohl besser als kristallinisch-flüssig zu bezeichnen.
Das ist aber schließlich Geschmackssache, der Streit darum ist
ein Streit um Worte."
FI. DEiscHA schließt eine Mitteilung über (unter Anleitung
von G. WuLFF in Moskau ausgeführte) Untersuchungen über
flüssige Kristalle^) mit den Worten: ,,Andererseits kann man,
wie schon öfters bemerkt wurde, den Begriff der Homogenität von
dem Begriff des Kristalls nicht trennen, sonst wird die Ableitung
der 32 Kristallklassen vollständig unmöglich".
Sollte es nun aber wirklich ganz unmöglich sein, so wie die
erste Schwierigkeit überwunden wurde durch Unterscheidung
zwischen ,,festen" und „flüssigen" Kristallen, auch über diese
zweite Schwierigkeit hinwegzukommen durch Unterscheidung
zwischen „homogenen" und „inhomogenen" Kristallen? Frei-
lich, die Kristalldefinition schrumpft dabei bedenklich zusammen.
Wenn Kristalle früher als feste homogene anisotrope Körper defi-
niert wurden, so müßte man nach dieser Änderung zugeben,
alle anisotropen Körper, z. B. Gläser mit inneren Spannungen
wie Glastränen, Bologneserfläschchen usw., seien Kristalle, was
doch sicher nicht zutrifft.
Diese neue Schwierigkeit zeigt nur, daß die alte Kristall-
definition noch in anderer Weise unvollkommen ist. Sie ent-
hält gerade die Flauptsache nicht, die einen Kristall charakteri-
siert, nämlich die Fähigkeit, unter Beibehaltung seiner
Anisotropie, in reversibler Weise zu wachsen. Ein
amorpher Körper, z. B. ein Glas, Harz, amorpher Zucker usw.,
W C. FRIEDEL U. F. GRANDJEAN, SOC. dB, Nr. 8, 1910.
28) H. DEiscHA, ZeüscBr. /. AWsfaBoi/r., 5B, 32, 1911.
 
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