14(A.13)
0. Lehmann :
vermag nicht zu wachsen, er ist keine „Phase". Ein Wasser-
tropfen, z. P. ein Tautropfen, kann wachsen, doch ist er, wenigstens
optisch, nicht anisotrop, daher kein Kristall. Sollte es gelingen,
in anderer Beziehung (z. B. bezüglich der inneren Reibung) bei
ihm Anisotropie nachzuweisen, so müßte er notwendig als flüssiger
Kristall bezeichnet werden, sofern die Anisotropie eine natür-
liche, nicht etwa durch äußere (nicht molekulare) Kräfte (Elek-
trizität, Magnetismus usw.) erzwungene ist.^)
Warum sollte z. B. ein Glimmerblatt, welches durch Ver-
biegen etwas inhomogen geworden ist, kein Kristall mehr sein?
Es ist eben ein inhomogener Kristall, während es zuvor ein
homogener Kristall war.
Geben wir nun die Existenz inhomogener Kristalle zu, so
verschwinden die Bedenken, die von so vielen Seiten geäußert
wurden, die Körperchen, die sich aus erkaltenden Lösungen von
Ammoniumoleat ausscheiden, als flüssige Kristalle zu bezeichnen;
wer ganz korrekt sein will, mag sie ausdrücklich als inhomogene
flüssige Kristalle ansprechen.
Untersucht man näher, worin die Inhomogenität derselben
eigentlich besteht, so findet sich als einfachste Art eine Neigung
der Molekülachsen gegen die Enden der Hauptachse der Pyra-
miden zu konvergieren, entweder nur gegen das eine oder gegen
beide Enden. Zwischen gekreuzten Nicols gibt sich dies kund
durch Aufhellungen an den betreffenden Stellen in der Aus-
löschungslage, wie die Fig. 5 und G andeuten. Vermutlich entsteht
diese Ablenkung der Moleküle aus der normalen Raumgitter-
Struktur durch den Oberflächenspannungsdruck, welcher an den
spitzen Enden der Pyramiden naturgemäß am größten ist. Treten
die Enden der Nebenachsen hervor, so zeigt sich die Erscheinung
aber auch hier, und der Anblick ist deshalb im allgemeinen der
in Fig. 8 a, b, c, Taf, 11 des I. Teils dieser Untersuchungen ge-
zeichnete, welchem die durch das Schema Fig. 9 a. a. 0. dar-
gestellte Molekularstruktur entspricht. In einem durch die Haupt-
23) Siehe auch mein Buch, ZUe wene EFeK der S. 114
u. 133ff., u. UüeJ. ÜWM., 41, 525, 1890. Da es halbisotrope Kristalle gibt,
wäre allerdings die Existenz ganz isotroper Kristalle, die sich von amorphen
Körpern dadurch unterscheiden, daß sie nicht Gemische verschiedener Stoffe
oder Modifikationen sind, und deshalb die Fähigkeit besitzen, zu wachsen,
nicht ausgeschlossen. Mischkristalle würden dann Übergänge zu wirklich
amorphen Körpern bilden.
0. Lehmann :
vermag nicht zu wachsen, er ist keine „Phase". Ein Wasser-
tropfen, z. P. ein Tautropfen, kann wachsen, doch ist er, wenigstens
optisch, nicht anisotrop, daher kein Kristall. Sollte es gelingen,
in anderer Beziehung (z. B. bezüglich der inneren Reibung) bei
ihm Anisotropie nachzuweisen, so müßte er notwendig als flüssiger
Kristall bezeichnet werden, sofern die Anisotropie eine natür-
liche, nicht etwa durch äußere (nicht molekulare) Kräfte (Elek-
trizität, Magnetismus usw.) erzwungene ist.^)
Warum sollte z. B. ein Glimmerblatt, welches durch Ver-
biegen etwas inhomogen geworden ist, kein Kristall mehr sein?
Es ist eben ein inhomogener Kristall, während es zuvor ein
homogener Kristall war.
Geben wir nun die Existenz inhomogener Kristalle zu, so
verschwinden die Bedenken, die von so vielen Seiten geäußert
wurden, die Körperchen, die sich aus erkaltenden Lösungen von
Ammoniumoleat ausscheiden, als flüssige Kristalle zu bezeichnen;
wer ganz korrekt sein will, mag sie ausdrücklich als inhomogene
flüssige Kristalle ansprechen.
Untersucht man näher, worin die Inhomogenität derselben
eigentlich besteht, so findet sich als einfachste Art eine Neigung
der Molekülachsen gegen die Enden der Hauptachse der Pyra-
miden zu konvergieren, entweder nur gegen das eine oder gegen
beide Enden. Zwischen gekreuzten Nicols gibt sich dies kund
durch Aufhellungen an den betreffenden Stellen in der Aus-
löschungslage, wie die Fig. 5 und G andeuten. Vermutlich entsteht
diese Ablenkung der Moleküle aus der normalen Raumgitter-
Struktur durch den Oberflächenspannungsdruck, welcher an den
spitzen Enden der Pyramiden naturgemäß am größten ist. Treten
die Enden der Nebenachsen hervor, so zeigt sich die Erscheinung
aber auch hier, und der Anblick ist deshalb im allgemeinen der
in Fig. 8 a, b, c, Taf, 11 des I. Teils dieser Untersuchungen ge-
zeichnete, welchem die durch das Schema Fig. 9 a. a. 0. dar-
gestellte Molekularstruktur entspricht. In einem durch die Haupt-
23) Siehe auch mein Buch, ZUe wene EFeK der S. 114
u. 133ff., u. UüeJ. ÜWM., 41, 525, 1890. Da es halbisotrope Kristalle gibt,
wäre allerdings die Existenz ganz isotroper Kristalle, die sich von amorphen
Körpern dadurch unterscheiden, daß sie nicht Gemische verschiedener Stoffe
oder Modifikationen sind, und deshalb die Fähigkeit besitzen, zu wachsen,
nicht ausgeschlossen. Mischkristalle würden dann Übergänge zu wirklich
amorphen Körpern bilden.