14 (A.11)
Kasimir Fajans:
Möglichkeit der experimentellen Prüfung.
Wenn auch die obigen Betrachtungen viel Hypothetisches
und Unsicheres enthalten, so eröffneten sie doch eine Möglichkeit
von größtem Interesse: da das Atomgewicht des RaG von dem des
gewöhnlichen Bleies um eine volle Einheit abweichen soll, war
Aussicht vorhanden, daß das Blei aus thorfreien Uranmine-
ralien ein anderes Atomgewicht zeigen werde, als das ge-
wöhnliche Blei. Etwas getrübt war diese Aussicht durch die
Unsicherheit bezüglich des Atomgewichts des Aktiniumbleies.
Andererseits war es zu hoffen, daß auch Blei aus sehr uran-
armen Thormineralien ein abweichendes (höheres) Atom-
gewicht von dem des gewöhnlichen zeigen werde.
Die Bedeutung, die eine solche Feststellung haben würde, lag
nun auf der Hand. Auf Grund der bei der Einreihung der Radio-
elemente in das periodische System erhaltenen Resultate ergab
sich, daß entgegen der bisherigen Auffassung das Atomgewicht
nicht eindeutig die chemischen Eigenschaften eines
Elements festlegen kann, da ja die chemischen identischen
Glieder einer Plejade bis zu 8 Einheiten verschiedene Atomgewichte
besitzen. Jedoch war dieser Schluß indirekter Natur: weder die
chemischen Eigenschaften der Radioelemente wurden in reinem
Zustande derselben studiert — wir folgern sie vielmehr vornehm-
lich aus der Unmöglichkeit, diese Elemente von anderen auf chemi-
schem Wege zu, trennen —noch wurden ihre Atomgewichte direkt
experimentell festgelegt, sondern nur rechnerisch ermittelt. Es
wäre also jedenfalls von größter Wichtigkeit, direkt mit gewöhn-
lichen chemischen Methoden zu zeigen, daß Elemente von
identischem chemischen Verhalten ein verschiedenes
Atomgewicht besitzen können. Man würde dann auch in
den Stand gesetzt, direkt zu untersuchen, wie weit die Überein-
stimmung der Glieder einer Plejade geht, und in welchen Eigen-
schaften, außer der Masse, sich Unterschiede derselben zeigen.
Es entstand also die Aufgabe, die Atomgewichte des
Bleies verschiedenen Ursprungs zu untersuchen, und wie
ich in meiner ersten Publikation über diesen Gegenstand mit-
teilte, hatte ich vor, die betr. Untersuchung im hiesigen Labora-
torium auszuführen. Einige vorläufige Arbeiten, die ich an hie-
siger Hochschule mit Herrn Dipl.-Ing. M. LEMBERT zu diesem
Zwecke begonnen hatte, zeigten uns aber bald, daß es besser wäre,
derartige Atomgewichtsbestimmungen in ein besonders dazu be-
Kasimir Fajans:
Möglichkeit der experimentellen Prüfung.
Wenn auch die obigen Betrachtungen viel Hypothetisches
und Unsicheres enthalten, so eröffneten sie doch eine Möglichkeit
von größtem Interesse: da das Atomgewicht des RaG von dem des
gewöhnlichen Bleies um eine volle Einheit abweichen soll, war
Aussicht vorhanden, daß das Blei aus thorfreien Uranmine-
ralien ein anderes Atomgewicht zeigen werde, als das ge-
wöhnliche Blei. Etwas getrübt war diese Aussicht durch die
Unsicherheit bezüglich des Atomgewichts des Aktiniumbleies.
Andererseits war es zu hoffen, daß auch Blei aus sehr uran-
armen Thormineralien ein abweichendes (höheres) Atom-
gewicht von dem des gewöhnlichen zeigen werde.
Die Bedeutung, die eine solche Feststellung haben würde, lag
nun auf der Hand. Auf Grund der bei der Einreihung der Radio-
elemente in das periodische System erhaltenen Resultate ergab
sich, daß entgegen der bisherigen Auffassung das Atomgewicht
nicht eindeutig die chemischen Eigenschaften eines
Elements festlegen kann, da ja die chemischen identischen
Glieder einer Plejade bis zu 8 Einheiten verschiedene Atomgewichte
besitzen. Jedoch war dieser Schluß indirekter Natur: weder die
chemischen Eigenschaften der Radioelemente wurden in reinem
Zustande derselben studiert — wir folgern sie vielmehr vornehm-
lich aus der Unmöglichkeit, diese Elemente von anderen auf chemi-
schem Wege zu, trennen —noch wurden ihre Atomgewichte direkt
experimentell festgelegt, sondern nur rechnerisch ermittelt. Es
wäre also jedenfalls von größter Wichtigkeit, direkt mit gewöhn-
lichen chemischen Methoden zu zeigen, daß Elemente von
identischem chemischen Verhalten ein verschiedenes
Atomgewicht besitzen können. Man würde dann auch in
den Stand gesetzt, direkt zu untersuchen, wie weit die Überein-
stimmung der Glieder einer Plejade geht, und in welchen Eigen-
schaften, außer der Masse, sich Unterschiede derselben zeigen.
Es entstand also die Aufgabe, die Atomgewichte des
Bleies verschiedenen Ursprungs zu untersuchen, und wie
ich in meiner ersten Publikation über diesen Gegenstand mit-
teilte, hatte ich vor, die betr. Untersuchung im hiesigen Labora-
torium auszuführen. Einige vorläufige Arbeiten, die ich an hie-
siger Hochschule mit Herrn Dipl.-Ing. M. LEMBERT zu diesem
Zwecke begonnen hatte, zeigten uns aber bald, daß es besser wäre,
derartige Atomgewichtsbestimmungen in ein besonders dazu be-