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Klebs, Georg; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1911, 23. Abhandlung): Über die Rhythmik in der Entwicklung der Pflanzen — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.37466#0032
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Georg Hiebs:

Bäume mit zeitweise ruhenden Trieben von Forschern wie TREUE,
IdABERLANDT, ScmMPER, VoLKENS u. a. nachdrücklich hervorge-
hohen. Ich legte mir die Frage vor, ob es möglich ist, die
Ruhezeit solcher Triebe abzukürzen und benutzte als Reiz die
Entblätterung des Triebes.
Als Beispiel nehme ich Brownes coccmcu, einer jener viel-
besprochenen Bäume, deren junge Blätter sich durch auffallende
Farbe und durch ihr schlaffes Herabhängen sehr deutlich von
dem alten Laub abheben (vgl. KEEBLE 1895, CzAPEK 1909). Die
Knospen von BroMnzeu coccüaen wachsen anfangs in Form eines
festen, etwas abwärts gekrümmten Kolbens, der aus dicht an-
liegenden roten Knospenschuppen gebildet wird und in dessen
Innerem die jungen Blätter angelegt werden. In einem gegebenen
Moment bricht der Kolben an der Spitze auf, in wenigen Tagen
strecken sich die Blätter zu schlaff herabhängenden, lebhaft violett
und gelb gefärbten Gebilden. Nachdem sie fast ausgewachsen
sind, erheben sie sich langsam, werden grün und nehmen eine
etwas horizontale Lage an. Durch sehr häufige (fast tägliche)
Beobachtungen eines bestimmten Baumes ließ sich feststeilen,
daß manche Zweige nach Ausbildung der Blätter von November
bis Februar völlig ruhten.
Als ein Zweig eben seine Blätter entfaltet hatte, wurde er
am 16. November 1910 entblättert. Darauf entstand in den
Achseln der beiden jüngsten Blätter je eine Knospe, die langsam
heranwuchs und vom 1. Dezember in ein deutlicheres Wachstum
überging. Am 11. Dezember brachen die beiden roten Kolben
auf (Länge 15,2 und 17,3 cm) und in den nächsten Tagen streckten
sich die Blätter rasch bis zu ihrer normalen Größe. Bei einem
zweiten Versuch beobachtete ich die Entwicklung eines Kolbens
bis zum völligen Auswachsen der Blätter. Nach dem Erheben
der Blätter wurden am 4. Dezember 1910 diese entfernt, bis auf
einige basale Fiedern. Langsam entstanden wieder zwei Knospen,
die vom 30. Dezember deutlicheres Längenwachstum zeigten und
sich zu Kolben entwickelten, die Anfang Februar ihre Blätter
entfalteten. Diese gleichzeitige Entstehung von zwei neuen Trieben
ist besonders bemerkenswert, weil ich sie an normalen Zweigen
niemals beobachtet habe. Bei einem dritten entsprechenden Ver-
such (Entblätterung am 24. November, Entwicklung der Knospen
im Laufe des Dezember) entstand nur ein Kolben, der am
6. Januar seine Blätter hervortreten ließ. Die Versuche zeigen,
 
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