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Hermann Güntert:
Dann verweist Skutsch auf die Ausgänge -ficus, -ficium, -ficäre,
die auch „bis zu einer Art ornamentaler Verlängerung des Worts
verblaßt“ seien. Dies halte ich für grundverkehrt: facere, das
seinen Hauptton stets bewahrt hatte, ein „bedeutungsloses Orna-
ment“ ! Nein, gerade diese Fälle, über die sich schon Lachmann
zu Lucr. III, 906 gewundert hat, zeigen uns klar, wie facere als
Exponent der Kausativbildung im Latein empfunden wurde: das
alte monere wurde, wollte man die Kausativbedeutung neu zum
Ausdruck bringen, durch das antretende Hilfsverbum umgebaut:
der Stamm mone- ist die Fortsetzung des alten *moneie-, vgl. lit.
isz-manaä, -manyti „verstehen“, doce- der Stamm *dokeie- in
Sox£(f)co usw. Man beachte auch domefactus „gezähmt“ bei Petron.
Sat. 99,3: domäre. Indem facere so „Kausativsuffix“ wurde, ver-
wendete es die Sprache auch sonst, wobei die Sinnverwandtschaft
dieser Verben nach der 2. Konjugation deutlich die Art der Aus-
breitung verrät. Man vgl. vom Standpunkt der Bedeutung:
a) calefacere „heiß machen“, candefacere „weißglühend machen“',
fervefacere „kochend machen“, tepefacere „lau machen“ mit
tepefieri „lau werden“, adolefactus „angezündet“ mit der
Konträrbedeutung: per-frlge-facere „kaltmachen“, frlgide-
factäre „kühlen“, torpefacere „erstarren machen“.
b) liquefacere „flüssig machen“, madefacere „triefend machen“,
(h)ümefacere „feucht machen“.
c) olfacere, odefacere (worüber Skutsch a. a. 0. 197), pütefacere
„stinken machen“, putrefacere „faul machen“.
d) candefacere „weißglühend machen“ (vgl. auch unter a), nigre-
facere 'gsXodvst,v’, rubefacere „rot machen“, pallefactus „bleich
geworden“.
e) ärefacere „dürr machen“, languefacere „schlaff machen“,
rärefacere „dünn machen“, rigefacere „starr machen“, torre-
facere „dörren“ (vgl. Gruppe a), vacefieri „leer werden“,
vallefecl „machte leer“ (Varro), vacuefacere 'leer machen’
mit der Gegenbedeutung pinguefacere „fett machen“, mätüre-
facere „reif machen“, tumefacere „schwellen machen“.
f) cavefacere „scheu machen“, pavefacere „beben machen“,
pudefactus „verschämt“, stupefacere „staunen machen“, time-
factus „in Schrecken gesetzt“, tremefactus „zitternd“.
g) patefacere „öffnen“, labefacere „wankend machen“, quate-
facere „erschüttern“.
Hermann Güntert:
Dann verweist Skutsch auf die Ausgänge -ficus, -ficium, -ficäre,
die auch „bis zu einer Art ornamentaler Verlängerung des Worts
verblaßt“ seien. Dies halte ich für grundverkehrt: facere, das
seinen Hauptton stets bewahrt hatte, ein „bedeutungsloses Orna-
ment“ ! Nein, gerade diese Fälle, über die sich schon Lachmann
zu Lucr. III, 906 gewundert hat, zeigen uns klar, wie facere als
Exponent der Kausativbildung im Latein empfunden wurde: das
alte monere wurde, wollte man die Kausativbedeutung neu zum
Ausdruck bringen, durch das antretende Hilfsverbum umgebaut:
der Stamm mone- ist die Fortsetzung des alten *moneie-, vgl. lit.
isz-manaä, -manyti „verstehen“, doce- der Stamm *dokeie- in
Sox£(f)co usw. Man beachte auch domefactus „gezähmt“ bei Petron.
Sat. 99,3: domäre. Indem facere so „Kausativsuffix“ wurde, ver-
wendete es die Sprache auch sonst, wobei die Sinnverwandtschaft
dieser Verben nach der 2. Konjugation deutlich die Art der Aus-
breitung verrät. Man vgl. vom Standpunkt der Bedeutung:
a) calefacere „heiß machen“, candefacere „weißglühend machen“',
fervefacere „kochend machen“, tepefacere „lau machen“ mit
tepefieri „lau werden“, adolefactus „angezündet“ mit der
Konträrbedeutung: per-frlge-facere „kaltmachen“, frlgide-
factäre „kühlen“, torpefacere „erstarren machen“.
b) liquefacere „flüssig machen“, madefacere „triefend machen“,
(h)ümefacere „feucht machen“.
c) olfacere, odefacere (worüber Skutsch a. a. 0. 197), pütefacere
„stinken machen“, putrefacere „faul machen“.
d) candefacere „weißglühend machen“ (vgl. auch unter a), nigre-
facere 'gsXodvst,v’, rubefacere „rot machen“, pallefactus „bleich
geworden“.
e) ärefacere „dürr machen“, languefacere „schlaff machen“,
rärefacere „dünn machen“, rigefacere „starr machen“, torre-
facere „dörren“ (vgl. Gruppe a), vacefieri „leer werden“,
vallefecl „machte leer“ (Varro), vacuefacere 'leer machen’
mit der Gegenbedeutung pinguefacere „fett machen“, mätüre-
facere „reif machen“, tumefacere „schwellen machen“.
f) cavefacere „scheu machen“, pavefacere „beben machen“,
pudefactus „verschämt“, stupefacere „staunen machen“, time-
factus „in Schrecken gesetzt“, tremefactus „zitternd“.
g) patefacere „öffnen“, labefacere „wankend machen“, quate-
facere „erschüttern“.