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Liebich, Bruno [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 15. Abhandlung): Zur Einführung in die indische einheimische Sprachwissenschaft, 2: Historische Einführung und Dhātupātha — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37692#0032
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28

Bruno Liebich:

Y. hier so wenig wie bei den Nipäta (§ 26). Es mußte ein neues,
stärkeres Motiv hinzutreten, um den indischen Geist auf dieses
Ziel zu lenken, zu dieser Leistung anzuspornen.
Darf man nun aus der niedrigeren Entwicklungsstufe, die die
Sprachwissenschaft im Nirukta gegenüber Panini zweifellos zeigt,
mit Sicherheit auf zeitliche Priorität Yäska’s vor diesem schließen?
Die Frage läßt sich nicht ohne weiteres bejahen, und doch hängt
die ganze hier versuchte Konstruktion der Entwicklung bis auf
Panini wesentlich davon ab. Max Müller, Goldstücker und Kiel-
horn haben darauf hingewiesen, daß der Entwicklungsgrad ein
und derselben Lehre in verschiedenen Vedänga’s einen Schluß
auf das relative Alter nicht verstatte. So sagt der letztgenannte
inbezug auf die Siksä’s (IA 1876 S. 144), es könne kaum zweifel-
haft sein, daß in der Rezitation der Veden wie in tausend andern
Dingen das alte Indien vom gegenwärtigen sich nicht sehr unter-
schied, und daß die alten Vedapäthaka’s in allem außer ihrem
eigensten Beruf ebenso unwissend waren wie ihre heutigen Nach-
folger. Aus der Terminologie dieser Texte und ihren Anschauungen
über sprachliche Dinge auf vorpanineische Entstehung zu schließen,
heiße deshalb ihr Wesen und ihre Bestimmung völlig verkennen.
— Gilt nun, was dort, und zweifellos mit Recht, von dem Vedäiiga
Siksä gesagt ist, ebenso von dem Vedänga Nirukta?
Die folgende Erwägung wird uns der Antwort einen Schritt
näher bringen. Panini unterscheidet anläßlich der Bildung der
kopulativen Komposita (II, 4, 5) zwischen näheren und ferneren
Wissensgebieten; von diesen bildet man Dvandva’s im Dual bzw.
Plural, nur von jenen im Neutrum der Einzahl. Das Beispiel
lautet padakakramakam 'Rezitator des Pada- und des Kramapätha’,
aber yäjnikavaiyäkaranau Theologe (Opferkundiger) und Gram-
matiker’. Standen nun die Nairukta’s des Veda, diese Exegeten
und theologischen Grammatiker, näher zu den Yäjnika oder zu
den Vaiyäkarana? Im ersteren Fall ließe sich wohl denken, daß
in dem klassischen Lande der Arbeitsteilung der Trennungsstrich
zwischen Nairukta und Grammatiker schon damals scharf genug
gewesen sei, um auch bei jenen wie bei den Siksäkära’s Anschau-
ungen und Ausdrucksweisen zu konservieren, über die die gleich-
zeitigen Grammatiker schon längst zu reiferen fortgeschritten waren.
Wenn wir aber sehen, daß Y. seine Wissenschaft,'die Etymologie,
als Ergänzung und Vervollständigung der Grammatik betrachtet
(vyäkaranasya kärtsnyam I, 15), wenn er verbietet, sie einem
 
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