Kallist und Tertullian.
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Schriftsteller anlegt1. Noch weniger geht es an, eine bestimmte
geschichtliche Aussage, wie die Tertullians über die unnachsicht-
liche Behandlung der Götzendiener und Mörder, deshalb zu ver-
dächtigen, weil sie in so zweifelhaftem schrifterklärendem Zu-
sammenhang erscheint.
In der Schrifterklärung war die Geduld des Altertums uner-
schöpflich·, in der Behauptung leicht nachzuprüfender Tatsachen
aber gab es auch für einen Streiter von der Leidenschaftlichkeit
Tertullians eine Grenze, die er nur überschreiten durfte, wenn er
auf einen Erfolg von vornherein verzichtete, irenäus kann im
Banne seiner dogmatischen Lehre behaupten, daß die Kirchen in
Germanien, Iberien, unter den Kelten, im Orient, in Ägypten, in
Libyen und Italien alle dieselbe apostolische Verkündigung hätten
(Adv. haer. I, 10,2; 111,3,1. 4,1; vgl. Harnack, Lehrb. d.
Dogmengesch.4, 1909, I, 361 A. 3). Tertullian kann Adv. Jud.
c. 7, wie Justin Dial. c. Tryph. c. 117, über die Verbreitung des
Christentums aufschneiden, weil die Leser kaum nachprüften, ob
es auch unter den Getulern und Mauren, unter den Sarmaten,
Daziern und Szythen, unter den Nomaden und Wagenbewohnern
Christen gebe. Aber er wird nicht die Verweigerung der Los-
sprechung bei Götzendienst und Mord behaupten, wenn es nicht
wahr ist, da man ihn hierin leicht hätte widerlegen können2 *. Darum
1 Vielleicht darf aber doch daran erinnert werden, daß auch wir Gegen-
wartsmenschen bei Anführungen die Reihenfolge nicht selten willkürlich
ändern. Der berühmte Satz des Vincenz von Lerinum wird meistens so er-
wähnt: quod semper, quod ubique, quod ab omnibus creditum est, obwohl
er bei Vincenz lautet: quod ubique, quod semper etc. (Commonit. c. 2,
al. c 3) Evangelischen Theologen liegt die Wendung „Glaube, Liebe, Hoff-
nung“ so im Blute, daß A. v. Harnack diese Reihenfolge in der Überschrift
eines Aufsatzes (Preuß. Jahrb. 1916, Heft 1, S. 1 ff.; auch: Aus der Frie-
dens- und Kriegsarbeit, 1916, lff.) beibehielt, in dem er von I. Gor. 13, 13
handelte, wo bekanntlich die Hoffnung an zweiter die Liebe an dritter
Stelle steht (vgl. Wohlenberg im Theol. Litbl., 1916, 323). Auch hier
weist die Gewohnheit der Liebe den „locus honoris“ zwischen den beiden
andern Begriffen an.
2 Hier gilt, was Polybius einmal (32, 8) sagt: παρ’ οίς ούτ’ άγνοεΐ-
σθαι ταυτα δυνατόν οΰτε συγγνώμης τεύξεσθαι τον ψευδολόγον είκός, διόπερ
ούδείς άν έκών εις πρόδηλον άπιστίαν καί καταφρόνηση; εδωκεν αυτόν. So sagt
auch Eusebius Hist. eccl. VI, 19, 2 von den Äußerungen des Porphyrius
über Origenes: τα μέν επαληθεύουν, έν οίς ούδ’ έτέρως αύτω λέγειν ήν δυνατόν,
τα δέ καί ψευδόμενος, έν οίς λήσεσθαι ένόμι,ζεν (vgl. ν. Harnack, Porphyrius
„Gegen die Christen“, 1916, S. 64, Nr. 39). Über einen ähnlichen Fall aus der
„Aretalogie“ vgl. A. Jülicher im Hermes, Bd. 54 (1919), 98f.
Sitzungsberichte der Heidelb. Akad., philos.-hist. Kl. 1919. 22. Abh. 2
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Schriftsteller anlegt1. Noch weniger geht es an, eine bestimmte
geschichtliche Aussage, wie die Tertullians über die unnachsicht-
liche Behandlung der Götzendiener und Mörder, deshalb zu ver-
dächtigen, weil sie in so zweifelhaftem schrifterklärendem Zu-
sammenhang erscheint.
In der Schrifterklärung war die Geduld des Altertums uner-
schöpflich·, in der Behauptung leicht nachzuprüfender Tatsachen
aber gab es auch für einen Streiter von der Leidenschaftlichkeit
Tertullians eine Grenze, die er nur überschreiten durfte, wenn er
auf einen Erfolg von vornherein verzichtete, irenäus kann im
Banne seiner dogmatischen Lehre behaupten, daß die Kirchen in
Germanien, Iberien, unter den Kelten, im Orient, in Ägypten, in
Libyen und Italien alle dieselbe apostolische Verkündigung hätten
(Adv. haer. I, 10,2; 111,3,1. 4,1; vgl. Harnack, Lehrb. d.
Dogmengesch.4, 1909, I, 361 A. 3). Tertullian kann Adv. Jud.
c. 7, wie Justin Dial. c. Tryph. c. 117, über die Verbreitung des
Christentums aufschneiden, weil die Leser kaum nachprüften, ob
es auch unter den Getulern und Mauren, unter den Sarmaten,
Daziern und Szythen, unter den Nomaden und Wagenbewohnern
Christen gebe. Aber er wird nicht die Verweigerung der Los-
sprechung bei Götzendienst und Mord behaupten, wenn es nicht
wahr ist, da man ihn hierin leicht hätte widerlegen können2 *. Darum
1 Vielleicht darf aber doch daran erinnert werden, daß auch wir Gegen-
wartsmenschen bei Anführungen die Reihenfolge nicht selten willkürlich
ändern. Der berühmte Satz des Vincenz von Lerinum wird meistens so er-
wähnt: quod semper, quod ubique, quod ab omnibus creditum est, obwohl
er bei Vincenz lautet: quod ubique, quod semper etc. (Commonit. c. 2,
al. c 3) Evangelischen Theologen liegt die Wendung „Glaube, Liebe, Hoff-
nung“ so im Blute, daß A. v. Harnack diese Reihenfolge in der Überschrift
eines Aufsatzes (Preuß. Jahrb. 1916, Heft 1, S. 1 ff.; auch: Aus der Frie-
dens- und Kriegsarbeit, 1916, lff.) beibehielt, in dem er von I. Gor. 13, 13
handelte, wo bekanntlich die Hoffnung an zweiter die Liebe an dritter
Stelle steht (vgl. Wohlenberg im Theol. Litbl., 1916, 323). Auch hier
weist die Gewohnheit der Liebe den „locus honoris“ zwischen den beiden
andern Begriffen an.
2 Hier gilt, was Polybius einmal (32, 8) sagt: παρ’ οίς ούτ’ άγνοεΐ-
σθαι ταυτα δυνατόν οΰτε συγγνώμης τεύξεσθαι τον ψευδολόγον είκός, διόπερ
ούδείς άν έκών εις πρόδηλον άπιστίαν καί καταφρόνηση; εδωκεν αυτόν. So sagt
auch Eusebius Hist. eccl. VI, 19, 2 von den Äußerungen des Porphyrius
über Origenes: τα μέν επαληθεύουν, έν οίς ούδ’ έτέρως αύτω λέγειν ήν δυνατόν,
τα δέ καί ψευδόμενος, έν οίς λήσεσθαι ένόμι,ζεν (vgl. ν. Harnack, Porphyrius
„Gegen die Christen“, 1916, S. 64, Nr. 39). Über einen ähnlichen Fall aus der
„Aretalogie“ vgl. A. Jülicher im Hermes, Bd. 54 (1919), 98f.
Sitzungsberichte der Heidelb. Akad., philos.-hist. Kl. 1919. 22. Abh. 2