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Koch, Hugo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 22. Abhandlung): Kallist und Tertullian: ein Beitrag zur Geschichte der altchristlichen Bußstreitigkeiten und des römischen Primats — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37699#0022
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18

Hugo Koch:

schreibt auch Rauschen (Eucharistie und Bußsakrament2, 1910,
173): ,,Ich kann in diesem Punkte hei Tertullian weder Irrtum
noch absichtliche Täuschung annehmen.“ Ebenso wertet A. Van-
beck (RHLR. 1912, 356 u. 365f.), der im übrigen das ,,Edikt“
Kallists nicht als Neuerung, sondern die Wiederaufnahme hei
Fleischessünden als schon bestehenden kirchlichen Brauch betrach-
tet, die Aussage Tertullians über die Behandlung der Götzendiener
und Mörder als geschichtliche Nachricht; nur seien unter den
Götzendienern zu verstehen die „renegats authentiques, c’est ä
dire ceux, qui apostasaient en toute liberte et pour echapper
aux supplices“, und die ,,exelusion perpetuelle“ sei nur ,,une
formule theorique destinee ä exprimer une Situation de fait“, da
sich die freiwilligen Glaubensverleugner und die Mörder von selber
der kirchlichen Gemeinschaft entzogen hätten, eine durch Martern
erzwungene Opferung aber nie als eigentlicher Abfall angesehen
worden sei (davon weiter unten). Auch de Labriolle (La crise
montaniste, 1913, 431 f.) hält die Angabe Tertullians für richtig,
glaubt aber, daß diese, in De paen. noch nicht bezeugte, Strenge
erst im Anfang des 3. Jahrhunderts eingeführt worden sei. Ebenso
schreibt Adam (Das sogen. Bußedikt Kallists, 1917, 43): „Sein
Zeugnis ist schon deshalb nicht anzutasten, weil er darauf einen
wesentlichen Teil seiuer Beweisführung aufbaut.“ Wenn aber
derselbe Theologe meint, daß Tertullians Beweisverfahren nirgends
von einer Dreizahl, sondern nur von einer Zweizahl ausgehe und
in einer durchaus neuen Sündenlehre gipfle, so glaube ich diese
Anschauung genügend zurückgewiesen zu haben. Adam selber
gibt gleich darauf zu, daß „freilich auch in katholischen Kreisen
hier und dort die Neigung bestand, im Sinne des montanisti-
schen Enkratismus die Unzucht unter jene Vergehen aufzunehmen,
denen der Kirchenfriede verweigert wurde.“ Es widerspricht aber
aller kirchlichen Seelenkunde und Erfahrung, daß katholische
Bischöfe sich von einer Grundforderung des aus der Kirche aus-
geschiedenen Montanismus hätten beeinflussen lassen. Vielmehr
ist die von Adam zugestandene strengere „Neigung“ katholischer
Kreise bezüglich der Fleischessünder nur erklärlich, wenn bisher
ihr Ausschluß üblich gewesen war. Diese Strenge wurde dann
in katholischen Kreisen nicht wegen, sondern trotz des Montanis-
mus, zunächst da und dort beibehalten und allmählich, jetzt
wegen des Montanismus, aufgegeben, weil ein kleinkirchlicher
Grundsatz in der Großkirche das Gegenteil weckt und stärkt.
 
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