Metadaten

Koch, Hugo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 22. Abhandlung): Kallist und Tertullian: ein Beitrag zur Geschichte der altchristlichen Bußstreitigkeiten und des römischen Primats — Heidelberg, 1920

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37699#0057
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kallist und Tertullian.

53

schaumig von der kirchlichen Sündenvergebungsgewalt die Gültig-
keit derKetzertaufe kaum vertragen dürfte, werden wir später sehen.
Trotzdem glaube ich aber, daß Hippolyt mit seinem undeut-
lich gehaltenen Vorwurf nicht die Wiedertaufe der übertretenden
oder wenigstens nicht sie allein im Auge hat, sondern eben eine
zweite Sündennachlassung, die bei Übertretenden wohl durch
Wiederholung der vollen Taufe, bei kirchlichen Sündern durch
Wiederholung nur des zweiten Teiles der Taufe, der Handauflegung,
erteilt wurde. Wenn man an das ,,clausa ignoscentiae janua et
intinctionis sera obstructa“ bei Tertullian (De paen. 7, 20) denkt
und sich erinnert, mit welchem Nachdruck und welcher Aus-
schließlichkeit noch Cyprian die Stelle Joh. 20, 22 f. auf die Taufe
bezieht und sie als das einzige Sündennachlassungssakrament
betrachtet (Ep. 27, 3; 69, 11; 70, 2; 73, 7), so wird man den Zorn
eines Gestrengen gegen eine zweite Sündennachlassung als eine
Art Taufwiederholung begreiflich finden1.
Damit stimmt auch der Fortgang Phil. IX, 13, wo Hippolyt
die καινή άφεσις αμαρτιών des Elchasai, die von diesem seinen An-
hängern bei schweren Verfehlungen nach der Taufe gebotene
Möglichkeit βαπτίσματι λαμβάνειν άφεσιν αμαρτιών ausdrücklich auf
den schlechten Vorgang Kallists zurückführt: ταΰτα δε έτόλμησε
τεχνάσαι τα πανουργήματα άπό του προειρημένου δόγματος άφορμήν
λαβών, ού προεστήσατο Κάλλιστος2.
Schisma gerade zur Anerkennung der Ketzertaufe geführt haben sollte,
wie Achelis weiter annimmt. Eine Verschärfung der Anschauung und Hal-
tung dürfte begreiflicher sein. War doch kurz vorher, unter Viktor, die Zu-
gehörigkeit zur Kirche von der Anerkennung einer bestimmten (christolo-
gischen) Deutung der Glaubensregel abhängig gemacht worden (Harnack,
Dogmengesch.4 I, 490 u. 708ff.).
1 Auch in den Bildern des Pastor Hermae ist die Buße für die nach
der Taufe begangenen Sünden als eine Art Wiederholung und Erneuerung
der Taufe gekennzeichnet (Sim. IX, 4 u. 7; Vis. III, 2, 6). Vgl. A. Bau-
meister, Die Ethik des Pastor Hermae, 1912, 53.
2 Origenes (bei Euseb. Η. E. VI, 38): καί βίβλον τινά φέρουσιν (die
Eichasaiten) ήν λέγουσιν έξ ούρανοΰ πεπτωκέναι καί τον άκηκοότα εκείνης καί
πιστεύοντα άφεσιν λήψεσθ-αι των άμαρτημάτων, άλλην άφεσιν παρ’ ήν Χριστός
Ιησούς άφήκεν. Nach Epiphanius, Haer. 43, 3 war in den marcionitischen
Gemeinden wiederholtes Taufen nichts Ungewöhnliches (vgl. Harnack,
Lehrb. d. Dogmengeschichte4 I, 442 A. 1; Mission2 I, 328). Auch der
„Betrüger“ Markus hatte für seine Anhänger, damit sie „ruhig sündigen
könnten“, nach der Taufe eine „zweite Taufe“, die er „Erlösung“ nannte
ώς δυναμένους μετά τό άπαξ βαπτισθ-ήναι πάλιν τυχεΐν άφέσεως (Hippol. Phil. VI,
41; Migne. PG. 16. 3, 3259 B.).
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften