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Koch, Hugo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 22. Abhandlung): Kallist und Tertullian: ein Beitrag zur Geschichte der altchristlichen Bußstreitigkeiten und des römischen Primats — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37699#0070
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Hugo Koch:

verbannt worden sei und daß sich dort auch andere Märtyrer
befunden hätten1.
Dionysius von Korinth rühmt in seinem Schreiben an die
Römer ihre Fürsorge für die unterstützungsbedürftigen Brüder in
den einzelnen Kirchen, auch für die έν μετάλλοις ύπάρχουσί,ν (Euseb.
Hist. eccl. IV, 23, 10). Der römische Bischof gedachte also der
in die Bergwerke verschickten Christen ebenso wie Cyprian von
Karthago (Ep. 76. Hartei 827ff.). Nach dem Berichte des Eusebius
(De martyr. Palaest. 11, 6) gingen ägyptische Christen während
der diokletianischen Verfolgung bis in die entferntesten Berg-
werke, selbst nach Cilicien, um die dort zu Zwangsarbeiten ver-
urteilten Brüder zu trösten und zu stärken2. Noch weniger werden
Sünder einen weiten Weg gescheut haben, um von Märtyrern in
Bergwerken einen libellus pacis zu erhalten.
4. Auch der von Esser aus De pud. c. 21 für seine These
vorgebrachte Beweis ist nicht stichhaltig. Da dieser indes mit
der Primatsfrage im Zusammenhänge steht, soll er im folgenden
Abschnitte geprüft werden. Nur ein Punkt sei gleich hier erledigt.
Daß in dem genannten Kapitel ein Bischof angeredet ist, steht
außer Zweifel (vgl. 21, 51'., 9f.). Aber Essers Frage (S. 18): „Wie
sollte Tertullian an den Bischof von Rom die Forderung richten
können: Exhibe igitur et nunc mihi, apostolice, prophetica
1 Ob die Bemerkung Tertullians (De pud. 22, 2) über die zu den Berg-
werken ihre Zuflucht nehmenden Sünder eine ausgesuchte Bosheit gegen
Kallist sei, wie Preuschen (Ztschr. f. neutest. Wiss., 1910, 140 u. 158) meint,
erscheint mir doch mehr als zweifelhaft. De pud. 22 ist die Rede von der
in der Kirche den Märtyrern zugestandenen Sündenvergebungsgewalt, und
Tertullian spricht zuerst von den Besuchern und Bittstellern, die sich bei
den Bekennern in den Gefängnissen einfinden, dann von solchen Sündern
(und zwar ebenfalls Fleischessündern), die in die Bergwerke (zu den dortigen
Märtyrern) ihre Zuflucht nehmen (confugiunt, nicht etwa dahin verbannt
werden) und von da als „communicatores“ (nicht „als Märtyrer“, wie Preu-
schen sagt) zurückkehren d. h. mit einem von den dortigen Märtyrern aus-
gestellten Aufnahmeschein, während doch die dortigen Märtyrer selber ein
•neues Martyrium für ihre inzwischen begangenen Sünden brauchten: et inde
communicatores revertuntur, ubi jam aliud martyrium necessarium est delictis
post martyrium novis (entsprechend dem vorhergehenden: pacem ab his
quaerunt, qui de sua periclitantur). Was Tertullian meint, ist also etwas ganz
anderes, als was Hippolyt von Kallist erzählt. Dies hat auch H. v. Soden
(Theol. Litztg., 1916, 175) nicht beachtet.
2 Vgl. Harnack, Die Mission und Ausbreitung des Christentums2, 1906,
I, 142. Achelis, Das Christentum in den ersten drei Jahrhunderten, 1912, II,
76, 281 f., 310.
 
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