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Koch, Hugo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 22. Abhandlung): Kallist und Tertullian: ein Beitrag zur Geschichte der altchristlichen Bußstreitigkeiten und des römischen Primats — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37699#0074
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70

Hugo Koch:

Entscheidung entgegengehalten worden sei. Tertullian selber gehe
auf diese Fragestellung ein. Trotz des feinen Spottes, der in seinen
Worten liegen möge, sei doch sowohl die Stelle, woher der Erlaß
gekommen sei, als auch seine Tragweite und entscheidende Kraft
so gekennzeichnet, daß klar ersichtlich sei, daß auch Tertullian
selber sich über die Bedeutung der Kundgebung keiner Täuschung
hingegeben habe. Es sei gleichsam der Widerhall seiner eigenen
Worte, die er früher als Katholik geschrieben hatte: ,,Si autem
Italiae adjaces, habes Romam, unde nobis quoque auctoritas
praesto est. Ista quam felix ecclesia, cui totam doctrinam apostoli
cum sanguine suo profuderunt“ (De praescr. haer. 36).
Damit werden also die afrikanischen Theologen des begin-
nenden dritten Jahrhunderts und Tertullian selber auf den Stand-
punkt des „Roma locuta, causa finita“ gestellt. Das ist aber,
wie sich unschwer zeigen läßt, eine Zeitwidrigkeit derbster Art.
a) In der von Esser selber angezogenen katholischen Schrift
De praescr. haer.1 sagt Tertullian c. 20 von den Aposteln: Perinde
ecclesias apud imamquamque civitatem condiderunt, a quibus
traducem fidei et semina doctrinae ceterae exinde ecclesiae
mutuatae sunt et cottidie mutuantur, ut ecclesiae fiant. Ac per
hoc et ipsae apostolicae deputantur ut suboles apostolicarum
ecclesiarum. Omne genus ad originem suam censeatur necesse est.
Itaque tot ac tantae ecclesiae una est illa ab apostolis
prima, ex qua omnes. Sic omnes primae et omnes apo-
stolicae, dum una omnes. Probant unitatem2 communicatio
pacis et appellatio fraternitatis et contesseratio hospi-
talitatis, quae jura non alia ratio regit quam ejusdem sacra-
menti una traditio.“ Es sind also alle Kirchen erste und aposto-
lische, sofern sie auf die von den Aposteln selber gegründeten
Kirchen zurückgehen und von diesen Ableger des Glaubens und
Samenkörner der Lehre übernommen haben. So ist jene erste
Kirche, aus der alle hervorgegangen sind, in all den vielen und
zahlreichen Kirchen, die aus ihr hervorgegangen sind, wieder-
zufinden. All die vielen Kirchen stellen zusammen die eine Ur-
sprungskirche dar. Und ihre Einheit äußert sich in drei
1 Die für die Primatsfrage in Betracht kommenden Stellen auch bei
Rauschen, Textus antenicaeni ad primatum Romanum spectantes(Florileg.
Patrist. fase. IX), 1914, 28ff.
2 So liest mit Recht Esser, BKV., Tertullian II, 325 A. 1; ebenso
Rauschen a. a. 0.
 
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