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Koch, Hugo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 22. Abhandlung): Kallist und Tertullian: ein Beitrag zur Geschichte der altchristlichen Bußstreitigkeiten und des römischen Primats — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37699#0100
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96

Hugo Koch:

Diese Ableitung der Kirchengewalt, der bischöflichen Amts-
gewalt, von Mt. 16, 18f. ist im dritten Jahrhundert nichts Un-
gewöhnliches — vgl. Tert. Scorp. c. 10: claves ejus hic dominum
Petro et per eum ecclesiae reliquisse — und sie blieb auch noch
lange üblich, als der römische Primat bereits eine greifbare recht-
liche Gestalt angenommen hatte und sie ebenfalls mit Mt. 16, 18 f.
deckte, bis schließlich diese Matthäusstelle nur noch dem Primate
dienen mußte und der Episkopat mit Mt. 18, 18 abgefunden
wurde* 1.
Ob Kalbst außerdem auch schon eine Vorrangstellung der
römischen Kirche und für sich das Recht, als ,,episcopus episco-
porum“ aufzutreten, aus Mt. 16, 18f. abgeleitet habe, wie
meistens als sicher angenommen wird2 *, ist nicht zu erkennen,
ebensowenig wie bei Papst Viktor im Osterfeierstreit (vgl. H.
Ähnlich S. 403, 411, 435 u. 442. Ebendarum ist nicht einzusehen, warum der
bekannte Satz Adv. aleat. c. 1 gerade von einem römischen Bischof (der
katholischen oder der montanistischen Gemeinde) stammen sollte, wie Har-
nack (I, 483 A. 4) immer noch annimmt (vgl. dagegen Funk, KAU. II, 1889,
216 ff.). Auch Hippolyts Aussage Philos. I prooem.: ών (άποστόλων) ημείς
διάδοχοι τυγχάνοντες τής τε αύτής χάριτος μετέχοντες άρχιερατείας τε καί δι-
δασκαλίας καί φρουροί τής εκκλησίας λελογισμένοι (Friedrich, Zur ältesten Ge-
schichte des Primates, 1879, 82) ist nicht ausschließlich römisch. So konnte
jeder Bischof sprechen.
1 Vgl. II. Koch, Cyprian und der römische Primat, 1910, 38ff. Daß
die Stiftung des Episkopates lange in Mt. 16, 18f. gefunden wurde, be-
streitet auch Joh. Ernst (Cyprian und das Papsttum, 1912, 66ff.) nicht.
2 A. v. Harnack, Die Entstehung des Papsttums (Aus Wissenschaft
und Leben, Bd. I, 1911, 213-—-223): „Um das Jahr 220 vermögen wir zum
ersten Male zu konstatieren, daß ein römischer Bischof — es war Kallist -—-
gewisse Worte Jesu, die in den Evangelien an Petrus gerichtet waren, in beson-
derer Weise auf sich als Nachfolger Petri und römischer Bischof bezogen hat.
Eine solche Beziehung hatte aber damals noch den Geist der übrigen Kirchen
durchaus gegen sich“ (S. 216). \rgl. Harnack, Die Entstehung des Neuen
Testamentes, 1914, 131; Lehrb. d. Dogmengesch.4 * * * * * * * I, 421 A. 1,492; H. Ache-
lis, Das Christentum in den ersten drei Jahrhunderten, 1912, II, 214; E.
Preuschen in Krügers Handb. d. Kirchengesch., 1912, I, 120 (§ 2112);
Friedrich, Zur ältesten Gesch. d. Primates, 1879, 85; A. Dell (Ztschr. f.
neutest. Wiss., 1914, 9): „Kallist von Rom muß es gewesen sein, der als der
erste römische Bischof die Matthäusstelle zur Stützung seines Kirchenbegriffs
und seiner eigenen Stellung besonders stark herangezogen hat.“ Dagegen
H. v. Soden (Theol. Litztg., 1916, 174): „Der Streit um Mt. 16, 18 in [De
pud] c. 21 richtet sich m. E. nicht gegen römische Primats-, sondern gegen
allgemein episkopale Vollmachtsansprüche, wie noch bei Origenes im Kom-
mentar z. St.“.
 
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