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Ruska, Julius; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 3. Abhandlung): Griechische Planetendarstellungen in arabischen Steinbuechern — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37680#0008
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Julius Ruska:

wunderbarer Eigenschaften bieten. Neben diesen primitiven Wunder-
steinen begegnen wir aber bei Plinius auch schon Beispielen einer
fortgeschritteneren Praxis, Steinen, deren Zauberwirkung auf be-
sonderer göttlicher Gnade oder astralen Einflüssen beruht, Gemmen,
die erst zugeschnitten und mit Bildern und Zeichen versehen werden
müssen, um ihre Kraft zu entfalten. Die Amethyste verhüten nach
Angabe der Magier nicht nur die Trunkenheit, sondern widerstehen,
wenn man den Namen der Sonne und des Mondes darauf
schreibt und sie mit Haaren des Hundskopfaffen oder Federn einer
Schwalbe um den Hals hängt, allen Giftmischereien (venefichs);
auch vertreiben sie Hagel und Heuschrecken, wenn man ein be-
stimmtes Gebet spricht. Ähnliches leisten Smaragde, die in Form
von Adlern oder Skarabäen geschnitten werden1)· Am Heliotrop
haben wir eines der offenkundigsten Beispiele von der Unverschämt-
heit der Magier, da sie behaupten, daß derjenige, welcher den Stein
samt dem gleichnamigen Kraut unter Anfügung gewisser Gebete
trägt, unsichtbar werde2). Der Stein Chelonia gar ist nach den
Lügen der Magier der wunderbarste Stein, denn wenn man den
Mund mit Honig spült und den Stein auf die Zunge legt, ist man
imstande, zu bestimmten von den Mondphasen abhängigen Stunden
die Zukunft vorherzusagen.3)
Man sieht hieraus, daß die Beziehungen der magischen Steine
zur Astrologie im engern Sinn noch in den Kinderschuhen stecken.
Wäre zu Plinius’ Zeiten bekannt gewesen, daß die Zauberwirkungen
von Steinen auch mit den Stellungen der Planeten oder ihren Bildern
in Zusammenhang gebracht werden, so hätte unser Autor sich durch
keine noch so große Entrüstung über die Magier abhalten lassen,
diese Blüten des Wunderglaubens der Nachwelt zu überliefern.
Daß die Entwicklung aber in der angedeuteten Richtung weiter-
schritt, ist leicht zu verstehen. Denn wenn die Sterndeutekunst aus
dem engen Kreise ihrer priesterlichen und gelehrten Anhänger
heraustrat und zum Massen glauben wurde, mußte gegen die all-
zubequeme Handhabung der Zaubermittel eine Sicherung,
für die unvermeidlichen Mißerfolge bei Heilungen, Schutzzaubern
oder Voraussagen eine Erklärung gefunden werden. Die Sicherung
bestand in der Verschärfung der Vorschriften; erwies sich der Zauber
als unwirksam, so war eben irgend etwas bei der Llerstellung des
!) Plinius ed. Mayj-ioff V, 436 — 37, 144.
2) Plinius V, 456 — 37, 165.
3) Plinius V, 451 = 37, 155.
 
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