art seines Wesens“ Zusammenhängen soll, die sich mit der empiri-
rischen „Ermittlung der an der Oberfläche des Daseins sich heraus-
stellenden Gesetzmäßigkeit“ begnügt, ohne in höherem Grade das
Bedürfnis nach wissenschaftlicher Erhärtung der Glaubenssätze zu
besitzen. Man braucht darum noch nicht zu leugnen, daß seine
wesentlich auf der sinnlichen Erfahrung aufgebaute Erkenntnis-
theorie diesen Neigungen entgegenkam1. Das Beispiel des Mar-
silius lehrt indessen, daß ein deutscher Philosoph mit andern
inneren Voraussetzungen trotz der okkamistischen Erkenntnis-
theorie zu sehr weitgehenden metaphysischen Schlüssen, ja zu
einer Erneuerung thomistisch-augustinischer Sätze über die Erkenn-
barkeit Gottes gelangen konnte. Die Betrachtung seines physi-
kalischen, metaphysischen und theologischen Systems wird uns
zeigen, daß es nicht angeht, die „Okkamisten“ in Bausch und
Bogen mit dem Schlagwort ihrer mittelalterlichen Gegner als „Ver-
ächter der realen Disziplinen“ zu brandmarken.
Die Betrachtung der Physik mag darin den Anfang machen.
3. Physik.
Es gehört zn den am weitesten verbreiteten Irrtümern über
die Spätscholastik, daß die naturwissenschaftlichen Interessen der
okkamistischen Schule stärker als in den Reihen ihrer Gegner
durch inhaltleeres logisches Spintisieren erstickt worden seien. Die
„terministische Logik“ soll im besondern daran schuld sein. Sie
habe zu einem einseitigen Ausbau des logischen Formensystems
1 Gegen Scheel P § 15,4 — 6. — Zitate: Siebeck 1. c. 321/2. Sch. be-
streitet jeden Zusammenhang zwischen der Erkenntnistheorie Okkams und
seiner inneren Stellung zur Metaphysik und dem Problem: „Vernunft und
Offenbarung“ und will alles auf die (schon von Thomas angebahnte) Er-
neuerung des „aristotelischen Wissenschaftsbegriffes“ zurückführen, dessen
Bedeutung auch von mir oben hervorgehoben ist. Indessen wie vieldeutig
dieser Begriff war, zeigt die Geschichte der Scholastik seit Thomas; in der
Tiefe müssen noch andere Motive gewirkt haben, die von Siebeck nur zum
Teil angedeutet sind (weitere Motive sind: die Zeitströmung der „Pariser
Artikel“ von 1277 — s. unten ! — R. Bacons Empirismus, die Übertreibung der
metaphysischen Distinktionen durch Duns Skotus u. a. m.). Den M. v. I.
hat der „aristotelische Wissenschaftsbegriff“ nicht an einer Erneuerung älterer
Gottesbeweise gehindert; seine innere Einstellung ist gerade in diesen Dingen
grundsätzlich anders als bei den von Sch. geschilderten Erfurter „Okkamisten“.
Soll etwa die aristotelische Lehre „eine Wissenschaft von den Dingen“ im
Sinne der Naturwissenschaft oder der Metaphysik verhindert oder erschwert
haben? Oder was will Sch. sonst aus diesem Wissenschaftsbegriff erklären?
rischen „Ermittlung der an der Oberfläche des Daseins sich heraus-
stellenden Gesetzmäßigkeit“ begnügt, ohne in höherem Grade das
Bedürfnis nach wissenschaftlicher Erhärtung der Glaubenssätze zu
besitzen. Man braucht darum noch nicht zu leugnen, daß seine
wesentlich auf der sinnlichen Erfahrung aufgebaute Erkenntnis-
theorie diesen Neigungen entgegenkam1. Das Beispiel des Mar-
silius lehrt indessen, daß ein deutscher Philosoph mit andern
inneren Voraussetzungen trotz der okkamistischen Erkenntnis-
theorie zu sehr weitgehenden metaphysischen Schlüssen, ja zu
einer Erneuerung thomistisch-augustinischer Sätze über die Erkenn-
barkeit Gottes gelangen konnte. Die Betrachtung seines physi-
kalischen, metaphysischen und theologischen Systems wird uns
zeigen, daß es nicht angeht, die „Okkamisten“ in Bausch und
Bogen mit dem Schlagwort ihrer mittelalterlichen Gegner als „Ver-
ächter der realen Disziplinen“ zu brandmarken.
Die Betrachtung der Physik mag darin den Anfang machen.
3. Physik.
Es gehört zn den am weitesten verbreiteten Irrtümern über
die Spätscholastik, daß die naturwissenschaftlichen Interessen der
okkamistischen Schule stärker als in den Reihen ihrer Gegner
durch inhaltleeres logisches Spintisieren erstickt worden seien. Die
„terministische Logik“ soll im besondern daran schuld sein. Sie
habe zu einem einseitigen Ausbau des logischen Formensystems
1 Gegen Scheel P § 15,4 — 6. — Zitate: Siebeck 1. c. 321/2. Sch. be-
streitet jeden Zusammenhang zwischen der Erkenntnistheorie Okkams und
seiner inneren Stellung zur Metaphysik und dem Problem: „Vernunft und
Offenbarung“ und will alles auf die (schon von Thomas angebahnte) Er-
neuerung des „aristotelischen Wissenschaftsbegriffes“ zurückführen, dessen
Bedeutung auch von mir oben hervorgehoben ist. Indessen wie vieldeutig
dieser Begriff war, zeigt die Geschichte der Scholastik seit Thomas; in der
Tiefe müssen noch andere Motive gewirkt haben, die von Siebeck nur zum
Teil angedeutet sind (weitere Motive sind: die Zeitströmung der „Pariser
Artikel“ von 1277 — s. unten ! — R. Bacons Empirismus, die Übertreibung der
metaphysischen Distinktionen durch Duns Skotus u. a. m.). Den M. v. I.
hat der „aristotelische Wissenschaftsbegriff“ nicht an einer Erneuerung älterer
Gottesbeweise gehindert; seine innere Einstellung ist gerade in diesen Dingen
grundsätzlich anders als bei den von Sch. geschilderten Erfurter „Okkamisten“.
Soll etwa die aristotelische Lehre „eine Wissenschaft von den Dingen“ im
Sinne der Naturwissenschaft oder der Metaphysik verhindert oder erschwert
haben? Oder was will Sch. sonst aus diesem Wissenschaftsbegriff erklären?