Rechtssprachgeographie.
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schrcinne lesen, schreiat ansetzen. Das vereinzelte Vorkommen in
einer elsässischen Predigt75 scheint in Abhängigkeit von einer öst-
lichen Quelle begründet zu sein.
Wie verhält es sich aber mit den beiden Aachener Stellen ?
In einer städtischen Urkunde von 1273 ist die Rede vom cippus,
screiart volgariter dictus, und 1380 wird demjenigen, der die Buße
wegen verbotenen Ährenlesens nicht zahlen kann, angedroht so
sal man onen in den schreyart setzen16. An der zweiten Stelle ist
das Wort männlich, während aus der ersten Stelle das Geschlecht
nicht zu ersehen ist. Weil die Urkunde von 1273 eine städtische
ist und weil der cippus als sog. screiart angeführt wird, möchte ich
keine Entlehnung annehmen. Es ist aber wohl mit der Möglichkeit
zu rechnen, daß Aachenpilger den Ausdruck mitgebracht haben.
Der Südosten war an der Aachenfahrt stark beteiligt77. Das Genus
des Aachener Belegs von 1380 kann sowohl Anlehnung an kak wie
an cippus sein.
d) Staupe (Deckblatt 5).
Das Kartenbild von Staupe (= Strafpfahl)78 zeigt deutlich,
daß das Wort niederdeutsch (stupe) und friesisch ist. Im Mittel-
deutschen hat es (mit Ausnahme von Liegnitz) den Diphthong au,
der vom 16. Jahrhundert an auch im niederdeutschen Gebiet zur
Geltung kommt. Vereinzelt ist das Vorkommen in Trier (mit ent-
rundetem Umlaut stip, steipe) und in Freiburg i. Br. (1730 stauppe).
Jenseits des geschlossenen deutschen Sprachgebietes ist das Wort
belegt im deutschen Stadtrecht von Ofen (15. Jhd.) und in Riga
seit 1300. Das Livländische Bauernrecht bietet die Formen Stube
und stupe. Dänisch kommt Stube vor.
e) Halseisen (Deckblatt 6).
Vereinigt man die Deckblätter 4 (Kak, Schreiat) und 7 (Staupe),
so zeigt sich im Südwesten Deutschlands ein großer leerer Fleck.
75 Ch. Schmidt, Eis. W.-B. 313. Ich war bisher nicht in der Lage, die
dort angeführte Stelle weiter zu verfolgen.
76 Loersch, Aachener Rechtsdenkmäler des 13. u. 14. Jahrhunderts,
S. 39, 80.
77 Vgl. Deutsches Rechtswörterbuch I (1914), S. lf.
78 Ob dies mit dem polabischen stäup 'Opfersäule, Altar’ zusammen-
gehört, kann hier dahingestellt bleiben; vgl. Fürst Trubetzkoy i. d. Zeitschr.
f. slav. Philologie 1 (1924), 153ff.
Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-bist. Kl. 192G/27. 1. Abli.
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schrcinne lesen, schreiat ansetzen. Das vereinzelte Vorkommen in
einer elsässischen Predigt75 scheint in Abhängigkeit von einer öst-
lichen Quelle begründet zu sein.
Wie verhält es sich aber mit den beiden Aachener Stellen ?
In einer städtischen Urkunde von 1273 ist die Rede vom cippus,
screiart volgariter dictus, und 1380 wird demjenigen, der die Buße
wegen verbotenen Ährenlesens nicht zahlen kann, angedroht so
sal man onen in den schreyart setzen16. An der zweiten Stelle ist
das Wort männlich, während aus der ersten Stelle das Geschlecht
nicht zu ersehen ist. Weil die Urkunde von 1273 eine städtische
ist und weil der cippus als sog. screiart angeführt wird, möchte ich
keine Entlehnung annehmen. Es ist aber wohl mit der Möglichkeit
zu rechnen, daß Aachenpilger den Ausdruck mitgebracht haben.
Der Südosten war an der Aachenfahrt stark beteiligt77. Das Genus
des Aachener Belegs von 1380 kann sowohl Anlehnung an kak wie
an cippus sein.
d) Staupe (Deckblatt 5).
Das Kartenbild von Staupe (= Strafpfahl)78 zeigt deutlich,
daß das Wort niederdeutsch (stupe) und friesisch ist. Im Mittel-
deutschen hat es (mit Ausnahme von Liegnitz) den Diphthong au,
der vom 16. Jahrhundert an auch im niederdeutschen Gebiet zur
Geltung kommt. Vereinzelt ist das Vorkommen in Trier (mit ent-
rundetem Umlaut stip, steipe) und in Freiburg i. Br. (1730 stauppe).
Jenseits des geschlossenen deutschen Sprachgebietes ist das Wort
belegt im deutschen Stadtrecht von Ofen (15. Jhd.) und in Riga
seit 1300. Das Livländische Bauernrecht bietet die Formen Stube
und stupe. Dänisch kommt Stube vor.
e) Halseisen (Deckblatt 6).
Vereinigt man die Deckblätter 4 (Kak, Schreiat) und 7 (Staupe),
so zeigt sich im Südwesten Deutschlands ein großer leerer Fleck.
75 Ch. Schmidt, Eis. W.-B. 313. Ich war bisher nicht in der Lage, die
dort angeführte Stelle weiter zu verfolgen.
76 Loersch, Aachener Rechtsdenkmäler des 13. u. 14. Jahrhunderts,
S. 39, 80.
77 Vgl. Deutsches Rechtswörterbuch I (1914), S. lf.
78 Ob dies mit dem polabischen stäup 'Opfersäule, Altar’ zusammen-
gehört, kann hier dahingestellt bleiben; vgl. Fürst Trubetzkoy i. d. Zeitschr.
f. slav. Philologie 1 (1924), 153ff.
Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-bist. Kl. 192G/27. 1. Abli.
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