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Jänecke, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1927/28, 3. Abhandlung): Die drei Streitfragen am Grabmal Theoderichs — Heidelberg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.38937#0011
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Die drei Streitfragen am Grabmal Theoderichs.

11

Aus beiden Fassungen scheint genügend klar hervorzugehen,
daß Theoderich den Bau seines Grabmals zwar zu seinen Lebzeiten
selbst anordnete und auch wohl bis zu einer gewissen Höhe förderte,
daß er aber die völlige Fertigstellung ebensowenig erlebte, wie dies
bei seinem Palaste der Fall war, von dem im Valesianus ausdrück-
lich hervorgehoben wird, daß er ihn der Vollendung nahebrachte,
ohne seine Fertigstellung zu erleben, nur die Säulenhallen rings-
herum (s. Mosaikbild in S. Apollinare nuovo) vollendete er1. Bei
der Ungleichheit beider Geschosse in Grundriß, Aufbau und Einzel-
formen hegt nichts näher, als anzunehmen, daß er auch bei seinem
Grabmal selbst nur den Bau des Untergeschosses erlebte — mög-
licherweise anfangs nur einen eingeschossigen Bau plante — mit
gleichem inneren Grundrisse wie das benachbarte Mausoleum Galla
Placidias (um 450 gebaut), in dem neben der Kaiserin zwei Kaiser
schlummerten, im Äußeren dagegen ähnlich dem achteckigen um 300
erbauten Mausoleum Diokletians im gegenüberliegenden Spalato, wo
Theoderich 486—488 gewohnt hatte, bevor er nach Italien aufbrach.
Wahrscheinlich kannte der erste Baumeister Theoderichs den zehn-
eckigen mit Mosaiken geschmückten Kuppelbau des spätantiken
Apollotempels in Toulouse, der, als ,,La Daurade“ („Die Vergol-
dete“) bezeichnet, im 18. Jahrhundert größtenteils abgebrochen
wurde2. Toulouse — das damalige Tolosa — war seit 419 Haupt-
stadt des westgotischen Reiches, mit dessen letzten Herrschern aus
dem Geschlechte Theodorid’s (Theoderichs) I.—Alarich II. und
Amalarich3 (f 531) — Theoderich nicht nur freundnachbarliche Be-
ziehungen unterhielt, sondern die er sogar gegen den gewalttätigen
Franken Chlodwich unterstützte, obwohl dieser sein eigener
Schwager war (durch Theoderichs zweite Gemahlin Audefleda,
die Chlodwichs Schwester war). Offenbar gab es außer in
Toulouse damals noch eine ganze Reihe anderer zehneckiger Kuppel-
bauten dieser Art. Hingewiesen sei nur auf den erhaltenen früh-

1 Yal. 68. (beim Jahre 523).
2 Siehe Frankl: Die frühmittelalterliche und germanische Baukunst,
Burgers Handbuch, 1926 vollendet, S. 8 Abb. 11 u. S. 9. Auf den ungeheuer
wichtigen, leider heute ganz entstellten Bau des 4. oder 5. Jahrhunderts deu-
tet außer Frankl nur noch Hermann Schmitz hin (Die Kunst des Frühen
und Hohen Mittelalters in Deutschland, Bruckmann, München 1924 S. 60).
3 Vgl. L. Schmidt, Allg. Gesch. d. German. Völker 1909, S. 120ff. (Hand-
buch d. Mittelalterl. u. Neueren Gesch. v. Below u. Meinecke). Über seinen
Enkel Amalarich führte Theoderich die Vormundschaft.
 
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