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Goldschmidt, Richard H.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1927/28, 6. Abhandlung): Postulat der Farbwandelspiele — Heidelberg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.38940#0022
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R. H. Goldschmidt:

»Die reflektorischen Farbenspiele haben sich unmittelbar aus
dem Bedürfnis entwickelt, Farbformflächen, die im gemalten Bilde
in ihren Relationen eine Bewegung, Spannung usw. nur fingierten,
zu einer tatsächlichen Bewegung zu steigern ....
»Ein einfaches Schattenspiel war ursprünglich zu einem La-
ternenfest geplant. Durch das Auswechseln einer Azetylenlampe
entstand zufällig die Verdoppelung der Schatten auf dem durch-
sichtigen Papier, und durch die Zufälligkeit verschieden gefärbter
Azetylenflammen war ein kalter und ein warmer Schatten sichtbar.
Der Gedanke, die Lichtquellen zu verdreifachen, zu versechsfachen,
farbige Gläser vorzuschieben, tauchte sofort auf, und die Grund-
lage zu dem neuen Ausdrucksmittel war gegeben: Beweglichkeit
der farbigen Lichtquellen, Bewegung von Schablonen. Nach vielen
Versuchen gelang es, der Zufälligkeiten Herr zu werden, die künst-
lerischen und technischen Mittel so zu organisieren, daß es möglich
wurde ... an die Öffentlichkeit zu treten . . .
»Die formalen Gestaltungsmittel sind folgende: der bewegte
farbige Punkt, die Linie und die Llächenform. Jedes dieser Ele-
mente kann in beliebiger Geschwindigkeit und Richtung bewegt
werden, vergrößert oder verkleinert, heller oder dunkler, mit
scharfen und unscharfen Begrenzungen projiziert werden, kann die
Larbe wechseln, sich mit andern Farbformen durchdringen, wobei
die optischen Mischungen an den überschnittenen Stellen ent-
stehen (z. B. Rot mit Blau zu einem Violett). Es kann ein Element
aus einem anderen entwickelt werden, vom Punkt zur linearen,
zur Llächenbewegung, wobei die Llächenform jede beliebige Lorm
annehmen kann. Durch Abblendvorrichtungen an den Lichtquellen
und durch Einschalten von Widerständen ist es uns möglich, ein-
zelne und größere Larbenkomplexe langsam aus dem schwarzen
Grund bis zur höchsten Helligkeit und farbigen Leuchtkraft zu
steigern, während andere Komplexe gleichsam langsam verschwin-
den und sich im schwarzen Grunde auflösen. Plötzliches Kommen
und Verschwinden von Teilen der Komposition wird durch Ein-
und Ausschalten von Schaltern bewerkstelligt. Durch die exakte
Kenntnis dieser elementaren Mittel, die eine unendliche Fülle von
Variationsmöglichkeiten zulassen, streben wir ein fugenartig, streng
gegliedertes Farbenspiel an, jeweils ausgehend von einem bestimm-
ten Farbformthema.«
Einem Betrachter der „reflektorischen Larbenspiele“ vom
Weimarer Bauhaus, oder der „Larben-Licht-Spiele“ von Ludwig
 
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