Postulat der Farbwandelspiele.
27
daß deswegen weiter erörtert zu werden braucht, wie etwa das
Bewegungsstreben im besonderen erlebt wird. Jedenfalls ist das
Erleben eines Bewegungs-,,Strebens“ von einem Bewegungs-,,Ein-
druck“ selbst unterscheidbar, gleichviel ob dieser Eindruck nur ein
scheinbarer ist, oder das richtige Abbild einer objektiv dargebo-
tenen Bewegung. Der Eindruck eines Bewegungsstreberis mag einer
Scheinbewegung wohl bisweilen nahe kommen; aber zwischen dem
bloßen Bewegt-sein-,,Wollen“ und dem (auch-nur-scheinbaren-)
bewegt-,,Sein“ bleibt ein tiefgreifender Unterschied; und es drängt
sich weiterhin die besondere Frage auf, ob es nicht den künst-
lerischen Eindruck einer Farbe-Form-Komposition gefährdet, wenn
(beispielsweise durch das Farbschattenspiel-Yerfahren von Hirsch-
feld-Mack, nach 9.) nicht oder nicht nur das Erlebnis eines
Bewegungs-Strebens, sondern das eines bewegt-Seins hervorgerufen
wird ? Verliert der Beschauer hierdurch vielleicht eine für künst-
lerisches Erleben erforderliche Freiheit der subjektiven Ausgestal-
tung des eigenen Eindrucks ? Handelt es sich also etwa um ein
Analogon zu dem Überschreiten der Grenze zwischen Skulpturen-
sammlung und Wachsfiguren-Panoptikum; und bedeutet demnach
ein rascher Wechsel von Farbe-Form-Kompositionen nach dem
Verfahren von Hirschfeld-Mack ein Herausreißen aus dem bild-
mäßigen Ruhezustand (der eigentlich ihrem Wesen entspricht); so,
als ob die Laokoon-Gruppe durch ein Uhrwerk in „wirkliche Be-
wegung“ gesetzt würde?
Oder ist es etwa umgekehrt ? Entspricht dem Wesen der
Farbe-Form-Kompositionen von Hirschfeld-Mack ein Wechsel
oder ein Wandel, wie dem Färb wandelspiel ex definitione ? Und
sind dann die Farbe-Form-Kompositionen abstrakter Malerei ihrem
Wesen nach nur aus einer Bildfolge verständlich, gleichsam Moment-
aufnahmen, die aus ihrer kinematographischen Serie heraus-
gegriffen wurden ?
Jedenfalls gibt es Gemälde, deren Kompositionen eine gleich-
sam rhythmische Aufteilung der Bildfläche erkennen lassen, näm-
lich eine Gliederung durch entsprechende Verteilung der Farben
und durch entsprechende Darstellung der Formen derart, daß
jedem scheinbaren Bewegungsstreben oder jedem Spannungs-
erlebnis eines bestimmten Bildteiles, durch jeweils gegensätzlich
gerichtete eines anderen Bildteiles oder deren mehrerer, die Wage
gehalten wird; die einzelnen Bewegungstendenzen können dabei
eine teils gleiche, teils unterschiedliche Stärke zeigen (etwa analog
27
daß deswegen weiter erörtert zu werden braucht, wie etwa das
Bewegungsstreben im besonderen erlebt wird. Jedenfalls ist das
Erleben eines Bewegungs-,,Strebens“ von einem Bewegungs-,,Ein-
druck“ selbst unterscheidbar, gleichviel ob dieser Eindruck nur ein
scheinbarer ist, oder das richtige Abbild einer objektiv dargebo-
tenen Bewegung. Der Eindruck eines Bewegungsstreberis mag einer
Scheinbewegung wohl bisweilen nahe kommen; aber zwischen dem
bloßen Bewegt-sein-,,Wollen“ und dem (auch-nur-scheinbaren-)
bewegt-,,Sein“ bleibt ein tiefgreifender Unterschied; und es drängt
sich weiterhin die besondere Frage auf, ob es nicht den künst-
lerischen Eindruck einer Farbe-Form-Komposition gefährdet, wenn
(beispielsweise durch das Farbschattenspiel-Yerfahren von Hirsch-
feld-Mack, nach 9.) nicht oder nicht nur das Erlebnis eines
Bewegungs-Strebens, sondern das eines bewegt-Seins hervorgerufen
wird ? Verliert der Beschauer hierdurch vielleicht eine für künst-
lerisches Erleben erforderliche Freiheit der subjektiven Ausgestal-
tung des eigenen Eindrucks ? Handelt es sich also etwa um ein
Analogon zu dem Überschreiten der Grenze zwischen Skulpturen-
sammlung und Wachsfiguren-Panoptikum; und bedeutet demnach
ein rascher Wechsel von Farbe-Form-Kompositionen nach dem
Verfahren von Hirschfeld-Mack ein Herausreißen aus dem bild-
mäßigen Ruhezustand (der eigentlich ihrem Wesen entspricht); so,
als ob die Laokoon-Gruppe durch ein Uhrwerk in „wirkliche Be-
wegung“ gesetzt würde?
Oder ist es etwa umgekehrt ? Entspricht dem Wesen der
Farbe-Form-Kompositionen von Hirschfeld-Mack ein Wechsel
oder ein Wandel, wie dem Färb wandelspiel ex definitione ? Und
sind dann die Farbe-Form-Kompositionen abstrakter Malerei ihrem
Wesen nach nur aus einer Bildfolge verständlich, gleichsam Moment-
aufnahmen, die aus ihrer kinematographischen Serie heraus-
gegriffen wurden ?
Jedenfalls gibt es Gemälde, deren Kompositionen eine gleich-
sam rhythmische Aufteilung der Bildfläche erkennen lassen, näm-
lich eine Gliederung durch entsprechende Verteilung der Farben
und durch entsprechende Darstellung der Formen derart, daß
jedem scheinbaren Bewegungsstreben oder jedem Spannungs-
erlebnis eines bestimmten Bildteiles, durch jeweils gegensätzlich
gerichtete eines anderen Bildteiles oder deren mehrerer, die Wage
gehalten wird; die einzelnen Bewegungstendenzen können dabei
eine teils gleiche, teils unterschiedliche Stärke zeigen (etwa analog