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Goldschmidt, Richard H.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1927/28, 6. Abhandlung): Postulat der Farbwandelspiele — Heidelberg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.38940#0032
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32

R. H. Goldschmidt:

Und so konnte das Optische der Farblichtmusik „zunächst“
in hohem Maße Farbwandelspiel-Postulaten adäquat erscheinen.
Indessen galt dies eben nur für den Beginn der optischen Dar-
bietungen von Laszlö. Hernach fehlte in der Farbenfolge etwas
sehr Wesentliches zur Befriedigung eines Farbwandelspiel-Postu-
lates, auch dann, wenn sonst keinerlei Störung auftrat. Es war
auch dann so, als ob in der Musik jemand auf dem Klavier einige
Töne anschlüge, die zwar den Beginn einer Melodie abgeben könn-
ten, aber ohne daß irgendeine Melodie folgte; es war dann freilich
auch nicht etwa wie ein chaotisches Geklimper, eher wie eine Folge
von Akkorden, im einzelnen durchaus wohlgefällig, in der Auf-
einanderfolge aber ohne innere Notwendigkeit, ohne Erkennbar-
keit einer Berechtigung, insgesamt ein künstlerisch-widersinniger
Eindruck.
Erschwert oder gestört wurde ein Erleben der Farben als
solcher, oder ein abstraktes Farberieben, recht häufig durch ein
Hervortreten einzelner Formen. Einzelne bestimmte Figuren
konnten sich einem Beschauer recht störend aufdrängen, beispiels-
weise einige scharfumrissene Zacken eines gelbleuchtenden Blitzes,
oder ein breiter Regenbogen, oder eine gelbleuchtende Kreisfläche
mit Strahlenkranz, die an eine Kinderzeichnung der Sonne er-
innerte. Zumal wenn solche Figuren wiederholt in gleicher Weise
erschienen, konnten sie in ihrer Form leicht erfaßbar hervortreten,
und sich geradezu lästig eben als Form im Sinne einer häßlichen
oder lächerlichen Störung aufdrängen, und das Farberieben beein-
trächtigen. Und auch die anderen, wenigstens zunächst, unbe-
stimmt erscheinenden und an sich zurücktretenden Formen konnten
zwar anfangs ein abstraktes Farberlebnis sehr wohl gestatten, bei
„wiederholter“ Darbietung aber bekannt werden, zu einem „Muster“
sich gestalten und ein abstraktes Farberieben beeinträchtigen. In
gleichem Sinne wirkte es auf einen Beschauer als Störung seines
Farberlebens, wenn das Farbenmosaik trotz seiner Bewegtheit auch
im Verlaufe nur „einer einzigen“ Darbietung allmählich erkennen
ließ, daß die einzelnen Farbteilchen dauernd ihre Lage zueinander
beibehielten und ein bestimmtes „Muster“ bildeten, das, stets nur als
Ganzes bewegt, zunächst wohl unbemerkt war, fortschreitend aber
mehr und mehr und schließlich geradezu aufdringlich in seiner
Ausgestaltung hervortrat.
Die erwähnten „Störungen“ können einen Kunstgenuß auch
dann beeinträchtigen, wenn „Farblichtmusik“ im Sinne von Laszlö
 
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