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Goldschmidt, Richard H.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1927/28, 6. Abhandlung): Postulat der Farbwandelspiele — Heidelberg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.38940#0036
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36

R. H. Goldschmidt:

Z. Ps. Bd. 76). Trotzdem diese E.S.O.P.-ähnlichen Phänomene,
und erst recht die mit ihnen z. T. als Ursache, z. T. als Wirkung
in Verbindung stehenden, oderauch selbständig auftretenden „Ein-
drücke des Befremdlichen“ sich nicht auf Darbietungen von blen-
dender Helligkeit beschränkten, vielmehr auch bei Darbietung
sanftwirkender Farben vorkamen, gestattete eine „umschriebene“
Lichtfülle ein Erleben der Farbe als solcher besser und in
größerer Mannigfaltigkeit als eine „allseitige“ Lichtfülle,
insofern bei dieser immer wieder eine mehr oder minder starke
Blendungswirkung das sonst schon Störende und Befremdliche
vermehrte.
Für die zweite Reihe experimentaler Beobachtungen geschah
der Lichtwechsel allmählich, z. B. durch Rauchglaskeile, die
quer durch zwei unterschiedlich gefärbte Lichtströme hindurch,
einander gegensinnig, das eine mit zunehmender und das andere
mit abnehmender Dichte vorbeigeschoben wurden, sodaß im all-
mählichen Fortschreiten mit der Schließung eines Lichtstromes
die Öffnung eines andersfarbigen einherging. Wenn nun die Farben
derart allmählich durch eine Reihe von Übergangs- oder Zwischen-
Farben hindurch wechselten, schien der Farbton als solcher in
seiner besonderen Eigenart sehr viel stärker zur Geltung zu kommen
als bei plötzlichem Färbenwechsel, so, als ob bei diesem
durch das Plötzliche der Beleuchtungsänderung hauptsächlich eine
Art Shoc-kwirkung bewirkt worden wäre, wobei Stärke und Cha-
rakter der Shockwirkung durch die Art der Farbtonfolge mit-
beeinflußt zu werden schienen. Was sich nun beim plötzlichen
Farbwechsel als eine Shockwirkung verstehen läßt, das „Gewaltige“,
brutal Erschütternde, ist nie in der gleichen unangenehmen Weise
beobachtet worden, wenn die Farben ihren Ton allmählich änderten;
auch war hierbei der Gesamteindruck weniger befremdlich; viel-
leicht demzufolge wirkte sich der Farbton als solcher jeweils viel
mehr aus, sodaß ein Kontrast zwischen den sukzedierenden Farben
oder Helligkeiten erheblich stärker, auch in gewissem Sinne „ge-
waltig“ zur Geltung kommen konnte; auch war der allmählich
hervortretende Farbeindruck von größerer Aufdringlichkeit und
Eindringlichkeit oder Nachhaltigkeit als der plötzlich dargebotene.
Es war so, als ob der Hauptakzent des Gesamteindrucks
auf dem Wechsel läge, wenn er plötzlich erfolgte, jedoch auf den
Farbtönen, wenn sie sich allmählich änderten, sodaß hier-
bei eben die Farbwirkung als solche stärker war.
 
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