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Goldschmidt, Richard H.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1927/28, 6. Abhandlung): Postulat der Farbwandelspiele — Heidelberg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.38940#0087
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Postulat der Farbwand^lspiele.

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keiten kam es doch als eine ihr eigentümliche Methode zu, daß
sie gleichsam ,,synthetisch“, vorsichtig divinatorisch, in tastenden
Versuchen etwas zu gestalten strebte, was nur einigermaßen intuitiv
geahnt oder erahnt einem eigenen Verlangen (dem Farbwandel-
Postulat) entsprechen sollte. Die „psychologisch-syntheti-
sche Methode“ zur Schaffung neuer Erlebnismöglichkeiten er-
innert an das künstlerische Gestalten eines Bildwerkes, dessen
Gesamtcharakter intuitiv konzipiert oder erahnt, dessen einzelne
Ausgestaltung aber mit gegebenen und, wenigstens einigermaßen,
bekannten Mitteln jeweils postulatadäquat erst noch zu schaffen
ist. Die Bezeichnungen „synthetisch und analytisch“ haben hier
allgemein-psychologisch eine wenigstens annähernd gleiche Be-
deutung, wie beim „Prinzip der schöpferischen Synthese“ nach
Wundts Terminologie, nicht etwa eine wörtliche Bedeutung wie
in der Chemie, vielmehr eine durchaus übertragene Bedeutung,
als Hinweis auf die Richtung, in der die Aufhellung eines Psychi-
schen versucht wird. —
Die bildhafte Bezeichnung der „Aufweisung“ von Erlebtem
(nach 2.) ist allenthalben anwendbar, wo es sich um Seelisches
handelt, auch zur Zusammenfassung und Fortführung der Dis-
kussion über die Methode, wie sie hier dem „Postulat der Farb-
wandelspiele“ gegenüber verwandt wurde. Dem Bilde einer „Weiser-
richtung“ ist zwar ebensowenig wie sonst einem Symbol mehr zu
entnehmen, als hineingelegt wurde; aber die Anschaulichkeit des
„Weiser“bildes erleichtert eine unmißverständliche Klarheit des
Ausdrucks. Ferner kann das Bild der „Gedankenschichten“ mit
ihren „Durch“schneidungen durch die „Weiserrichtungen“ philo-
sophisch-metaphysisch nach Sinn und Wesen ausgedeutet werden,
ist aber unabhängig von einer solchen Ausdeutung verwendbar,
wie das wünschenswert ist, weil (nach Rickert) »die Psychologie
angefangen hat, zur Spezialdisziplin zu werden, und die Hoffnung
besteht, daß sie sich immer mehr dazu entwickelt, um so am besten
ihre Aufgaben zu erfüllen, die sie als Wissenschaft eines Teiles der
empirischen Wirklichkeit allein noch haben kann,« und weil dement-
sprechend eine Erörterung von Fragen nach Sinn und Wesen nicht
in die Psychologie als in eine Seinswissenschaft, sondern in die
Philosophie als in die Wertwissenschaft gehört. Zudem empfiehlt
sich schließlich gerade die bildhafte Bezeichnung der „Aufweisung“
von Erlebtem durch das Fremdartige des Bildes; denn die Fremd-
artigkeit lenkt die Aufmerksamkeit auf das Bildhafte als solches
 
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