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Erster logischer Teil.
Gebilde sind, brauchen wir dabei noch nicht zu reflektieren. Wir
übernehmen von der Wissenschaft nur die rein theoretische Ein-
stellung, und wir können dann leicht zeigen, was notwendig zu
jeder Erkenntnis gehört, die rein theoretischen Charakter hat
oder als wahrer Bestandteil einer Theorie überhaupt denkbar ist.
Schon früher sprachen wir davon, daß zum Begriff der wahren
Erkenntnis einmal ein erkennendes Ich-Subjekt gehört und außer-
dem, wenn die Erkenntnis zum Abschluß gekommen ist, ein Satz,
der sie als Träger eines logischen Sinngebildes zum sprachlichen
Ausdruck bringt. Wo das beides nicht vorliegt, gibt es keine wahre
Erkenntnis als psychophysische Bealität in der Sinnenwelt. Das
bedarf jetzt weiter keiner Begründung. Zu dieser Zweiheit gehört
nun aber mit Notwendigkeit nicht nur noch etwas Drittes, nämlich
die erkannte Wahrheit selbst, sondern auch noch etwas Viertes,
das wir ebenfalls bereits hervorhoben, nämlich ein „Gegenstand“,
der erkannt wird, oder ein „Objekt“, von dem die erkannte Wahr-
heit gilt. Ohne einen solchen Gegen-Stand hat es keinen Sinn, von
Erkenntnis zu reden, die Erkenntnis von etwas ist. Dann bleibt
man beim bloßen „Denken“. Das kann zwar ebenfalls „wahr“ sein,
auch ohne daß es sich auf einen „Gegenstand“ bezieht. Aber zur
Erkenntnis kommt es beim wahren Denken ohne Gegenstand
noch nicht. Wer erkennen will, will immer etwas erkennen, das
etwas anderes ist, als seine Erkenntnis, die er davon hat. Insofern
müssen wir wahres Denken und wahres Erkennen prinzipiell aus-
einander halten1.
Das kann man auch so zum Ausdruck bringen, daß man sagt:
wenn alle erkannten Wahrheiten nicht nur „gedacht“ werden,
sondern notwendig Wahrheiten über etwas sind, das durch sie
erkannt und vom Denken erfaßt wird, dann muß jedes logische
Sinnesgebilde, das Erkenntnis enthält, zugleich ein Sinn von
etwas oder über etwas sein, das nicht nur gedacht wird. Dies
„über“ gehört notwendig ebenfalls zur Wahrheit jeder gegen-
ständlichen Erkenntnis. Wo wir nicht verstehen, daß die Wahr-
heit, die erkannt wird, Wahrheit über etwas ist, sprechen wir
nicht von wahrer Erkenntnis, sondern höchstens von einem wahren
„Denken“, das ganz „bei sich“ bleibt. Der Unterschied leuchtet
wohl auch ohne weitere Erörterung ein.
Bringen wir nun diesen Umstand mit der Frage in Verbindung,
an welchen Sätzen wir das Wesen der Erkenntnis-Wahrheit
1 Wir gehen später auf diesen Unterschied noch näher ein.
Erster logischer Teil.
Gebilde sind, brauchen wir dabei noch nicht zu reflektieren. Wir
übernehmen von der Wissenschaft nur die rein theoretische Ein-
stellung, und wir können dann leicht zeigen, was notwendig zu
jeder Erkenntnis gehört, die rein theoretischen Charakter hat
oder als wahrer Bestandteil einer Theorie überhaupt denkbar ist.
Schon früher sprachen wir davon, daß zum Begriff der wahren
Erkenntnis einmal ein erkennendes Ich-Subjekt gehört und außer-
dem, wenn die Erkenntnis zum Abschluß gekommen ist, ein Satz,
der sie als Träger eines logischen Sinngebildes zum sprachlichen
Ausdruck bringt. Wo das beides nicht vorliegt, gibt es keine wahre
Erkenntnis als psychophysische Bealität in der Sinnenwelt. Das
bedarf jetzt weiter keiner Begründung. Zu dieser Zweiheit gehört
nun aber mit Notwendigkeit nicht nur noch etwas Drittes, nämlich
die erkannte Wahrheit selbst, sondern auch noch etwas Viertes,
das wir ebenfalls bereits hervorhoben, nämlich ein „Gegenstand“,
der erkannt wird, oder ein „Objekt“, von dem die erkannte Wahr-
heit gilt. Ohne einen solchen Gegen-Stand hat es keinen Sinn, von
Erkenntnis zu reden, die Erkenntnis von etwas ist. Dann bleibt
man beim bloßen „Denken“. Das kann zwar ebenfalls „wahr“ sein,
auch ohne daß es sich auf einen „Gegenstand“ bezieht. Aber zur
Erkenntnis kommt es beim wahren Denken ohne Gegenstand
noch nicht. Wer erkennen will, will immer etwas erkennen, das
etwas anderes ist, als seine Erkenntnis, die er davon hat. Insofern
müssen wir wahres Denken und wahres Erkennen prinzipiell aus-
einander halten1.
Das kann man auch so zum Ausdruck bringen, daß man sagt:
wenn alle erkannten Wahrheiten nicht nur „gedacht“ werden,
sondern notwendig Wahrheiten über etwas sind, das durch sie
erkannt und vom Denken erfaßt wird, dann muß jedes logische
Sinnesgebilde, das Erkenntnis enthält, zugleich ein Sinn von
etwas oder über etwas sein, das nicht nur gedacht wird. Dies
„über“ gehört notwendig ebenfalls zur Wahrheit jeder gegen-
ständlichen Erkenntnis. Wo wir nicht verstehen, daß die Wahr-
heit, die erkannt wird, Wahrheit über etwas ist, sprechen wir
nicht von wahrer Erkenntnis, sondern höchstens von einem wahren
„Denken“, das ganz „bei sich“ bleibt. Der Unterschied leuchtet
wohl auch ohne weitere Erörterung ein.
Bringen wir nun diesen Umstand mit der Frage in Verbindung,
an welchen Sätzen wir das Wesen der Erkenntnis-Wahrheit
1 Wir gehen später auf diesen Unterschied noch näher ein.