II. Der Aussagesatz und die logische Synthese des Einen u. des Andern. 63
anderen Worten noch völlig unbestimmt, wie weit im Einzelnen
die grammatische Struktur des Satzes und die logische Struktur
des Sinnes sich decken.
Das kann auch noch nicht klar geworden sein, denn wir stehen
noch immer in dem Teil der Untersuchung, den wir die „erste
Etappe“ genannt haben1, d. h. wir wollten bisher nur feststellen,
welche Sätze überhaupt als sinnlich reales Material für das Studium
der unsinnlichen logischen Sinngebilde in Betracht kommen. Die
zweite Frage zu beantworten, welche die logische Struktur des
Sinngebildes im Einzelnen betrifft, muß Sache einer neuen Er-
örterung werden.
Doch wir haben bis jetzt noch nicht einmal so viel erreicht,
daß wir uns nun ohne weiteres sogleich der zweiten Frage zuwenden
können. Wenn wir nämlich auch wissen, daß es sprachlich voll-
entwickelte Aussagesätze sein müssen, an die wir uns zu halten
haben, so steht noch nicht fest, ob darum auch alle Aussagesätze,
die grammatisch aus Subjekt, Prädikat und Copula bestehen,
unserem Zwecke dienen werden. Wir müssen vielmehr das Gebiet
noch mehr umgrenzen und zeigen, daß nur eine besondere Art von
Aussagen für uns brauchbar ist. Wie läßt diese Art sich charak-
terisieren, und welche anderen Arten scheiden dadurch als ein für
uns ungeeignetes Material aus ?
Zunächst finden wir als „Aussagen“ auch solche sprachlichen
Gebilde vor, bei denen es von vorneherein feststeht, daß sie, jeden-
falls zumTeil, außerhalb der logischen Sphäre liegen, weil der
Sinn, den sie zum Ausdruck bringen, kein spezifisch theoretischer
Sinn ist. Zu diesen Aussagen gehören unter anderen alle Sätze der
Poesie. Höre oder lese ich die Worte: „der Mai ist gekommen“, so
bilden sie zwar einen aus Subjekt, Copula und Prädikat bestehenden
Satz, der abgesehen von dem Zusammenhang, in dem er steht, auch
theoretisch wahr sein kann. Aber als Zeile eines Gedichtes kommt
er mit Rücksicht auf seine theoretische Wahrheit überhaupt nicht
in Frage : es wäre z. B. sinnlos, zu fragen: ist der Mai wirklich
gekommen ? Das bedarf weiter keiner Erörterung.
Dagegen müssen wir sorgfältig darauf achten, daß es auch
solche Sätze gibt, bei denen man zweifeln kann, wie weit ihr Sinn
theoretisch ist, und wie weit sie etwa ein ästhetisches Sinngebilde
oder irgend einen andern atheoretischen Sinn zum Ausdruck
bringen. Dann werden wir, um an ihnen das Wesen der wahren
1 Vgl. oben S. 48 f.
anderen Worten noch völlig unbestimmt, wie weit im Einzelnen
die grammatische Struktur des Satzes und die logische Struktur
des Sinnes sich decken.
Das kann auch noch nicht klar geworden sein, denn wir stehen
noch immer in dem Teil der Untersuchung, den wir die „erste
Etappe“ genannt haben1, d. h. wir wollten bisher nur feststellen,
welche Sätze überhaupt als sinnlich reales Material für das Studium
der unsinnlichen logischen Sinngebilde in Betracht kommen. Die
zweite Frage zu beantworten, welche die logische Struktur des
Sinngebildes im Einzelnen betrifft, muß Sache einer neuen Er-
örterung werden.
Doch wir haben bis jetzt noch nicht einmal so viel erreicht,
daß wir uns nun ohne weiteres sogleich der zweiten Frage zuwenden
können. Wenn wir nämlich auch wissen, daß es sprachlich voll-
entwickelte Aussagesätze sein müssen, an die wir uns zu halten
haben, so steht noch nicht fest, ob darum auch alle Aussagesätze,
die grammatisch aus Subjekt, Prädikat und Copula bestehen,
unserem Zwecke dienen werden. Wir müssen vielmehr das Gebiet
noch mehr umgrenzen und zeigen, daß nur eine besondere Art von
Aussagen für uns brauchbar ist. Wie läßt diese Art sich charak-
terisieren, und welche anderen Arten scheiden dadurch als ein für
uns ungeeignetes Material aus ?
Zunächst finden wir als „Aussagen“ auch solche sprachlichen
Gebilde vor, bei denen es von vorneherein feststeht, daß sie, jeden-
falls zumTeil, außerhalb der logischen Sphäre liegen, weil der
Sinn, den sie zum Ausdruck bringen, kein spezifisch theoretischer
Sinn ist. Zu diesen Aussagen gehören unter anderen alle Sätze der
Poesie. Höre oder lese ich die Worte: „der Mai ist gekommen“, so
bilden sie zwar einen aus Subjekt, Copula und Prädikat bestehenden
Satz, der abgesehen von dem Zusammenhang, in dem er steht, auch
theoretisch wahr sein kann. Aber als Zeile eines Gedichtes kommt
er mit Rücksicht auf seine theoretische Wahrheit überhaupt nicht
in Frage : es wäre z. B. sinnlos, zu fragen: ist der Mai wirklich
gekommen ? Das bedarf weiter keiner Erörterung.
Dagegen müssen wir sorgfältig darauf achten, daß es auch
solche Sätze gibt, bei denen man zweifeln kann, wie weit ihr Sinn
theoretisch ist, und wie weit sie etwa ein ästhetisches Sinngebilde
oder irgend einen andern atheoretischen Sinn zum Ausdruck
bringen. Dann werden wir, um an ihnen das Wesen der wahren
1 Vgl. oben S. 48 f.