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III. Die Gliederung des einfachsten logischen Sinnes u. die Urprädikate. 83
ausschließt, sondern bei dem die grammatische Struktur des Satzes,
der es zum Ausdruck bringt, sich auch insofern restlos mit der
logischen Struktur des Sinnes deckt, als das Subjektswort des
Satzes nur ein logisches Subjekt, das Prädikatswort des Satzes
nur ein logisches Prädikat bezeichnen kann. Von hier aus müssen
sich dann die weiteren Einsichten gewinnen lassen, die wir brauchen,
um die Lehre vom logischen Prädikat und ihre Bedeutung für das
Problem der Ontologie zu verstehen.
Bevor wir jedoch dazu übergehen, sind noch andere Probleme
zu behandeln. Zunächst stellen wir die Frage: haben wir mit der
Formel „etwas ist wirklich“ vielleicht schon alles gewonnen, was
wir überhaupt für die Prädikatslehre in ihrer einfachsten Gestalt
brauchen? Ist “wirklich“ schon das Urprädikat ?
Der Gedanke liegt nahe, daß es so sei. Man wird glauben, es
müsse das, was diese Formel zum sprachlichen Ausdruck bringt,
zugleich das Minimum des logischen Sinnes in j eder gegenständlich
wahren Erkenntnis überhaupt sein, und dann könnte man in der
Tat sagen: wir besitzen in dem mit dem Wort „wirklich“ be-
zeichneten Begriff schon mehr als nur ein Urprädikat, d. h. wir
haben darin das logische Urprädikat überhaupt, ohne welches es
keine wahre Erkenntnis von Gegenständen überhaupt gibt.
Manche Denker scheinen denn auch dieser extrem „rea-
listischen“ Meinung zu sein, und sie können sich dafür auf einen
weit verbreiteten Sprachgebrauch stützen, der unser Urprädikat der
„Wirklichkeit“ und die Wahrheit aller Erkenntnisse aufs engste
miteinander verknüpft, ja beide in gewisser Hinsicht geradezu zu
identifizieren scheint. Jede beliebige Wahrheit, wird man sagen,
läßt sich, ohne daß man ihren Gehalt dadurch verändert, auch so
zum Ausdruck bringen, daß man sprachlich zu dem Satz, der sie
aussagt, das Wort „wirklich“ hinzufügt. Wir sind sogar gewohnt,
wenn wir etwas mit Nachdruck behaupten wollen, nicht nur zu
sagen: „das ist in Wahrheit so“, sondern auch: „das ist wirklich
oder in Wirklichkeit so“. Dieser Umstand scheint dafür zu sprechen,
daß alle gegenständlich wahre Erkenntnis zugleich Wirklichkeits-
Erkenntnis ist. Wie wäre sonst die Hinzufügung des Wortes „wirk-
lich“ zu den Prädikaten aller wahren Sätze möglich ?
Wir dürfen uns durch diesen Sprachgebrauch logisch gerade
nicht bestimmen lassen. Er beweist als Sprachgebrauch sachlich
noch nicht das geringste, sondern zeigt nur, wie unlogisch und viel-
deutig die Sprache bisweilen gerade bei der Verwendung so viel

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