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Erster logischer Teil.

sinnliches jemals in der Weise als Inhalt unmittelbar gegeben
werden, daß es auch ohne Form noch unsinnlich bleibt?
Hier stoßen wir in der Tat auf ein weit verbreitetes Dogma,
das sich der Durchführung der Trennung von Form und Inhalt
für die Struktur des Sinnes: „etwas ist geltend“, entgegenstellt.
Das Gebiet des Unsinnlichen soll, wenn es überhaupt angenommen
wird, einen durchweg „formalen“ Charakter tragen, und demnach
ausschließlich das Sinnliche inhaltlich bestimmt sein. Wie haben
wir uns zu dieser Ansicht, die man, weil sie die Hyle nur als sensibel
kennt, „hyletischen Sensualismus“ nennen kann, zu stellen?
Es ist leider nicht möglich, in dem Zusammenhang dieser Ab-
handlung alle die Gründe zu entwickeln, die man anführen kann,
um zu beweisen, wie irrtümlich die Meinung ist, daß aller Inhalt
der diesseitigen Welt sinnlich und dementsprechend das Gebiet des
unsinnlich Geltenden durchweg Form sei. Es spielen hier Be-
griffe wie der des sinnlich Wahrnehmbaren und des unsinnlich
Verstehbaren, der Gedanke an einen diesseitigen „mundus in-
teligibilis“ neben dem diesseitigen „mundus sensibilis“ u. dgl. eine
entscheidende Rolle, und nur durch eingehende Analyse kann in
wissenschaftlich befriedigender Weise gezeigt werden, weshalb die
weit verbreitete Ansicht des „hyletischen Sensualismus“, der nur
sinnlichen Stoff als Inhalt zur „Erfüllung“ der Denk- und Er-
kenntnisformen kennt, sich nicht halten läßt1. Wir müssen, um
klarzumachen, was wir hier meinen, uns mit dem Hinweis auf
bestimmte konkrete Sinngebilde von der Art begnügen, wie wir
sie schon früher als Beispiele benutzt haben, und dann jeden auf-
fordern, sich zum Bewußtsein zu bringen, was er bei ihrem Ver-
stehen an Inhalt unmittelbar „erlebt“. Ist dieser Inhalt nur
sinnlich ? Läßt man die traditionellen Vorurteile des Sensualismus

1 Dies Thema habe ich in früheren Schriften behandelt und dort den
hyletischen Sensualismus eingehend bekämpft. Für den ganzen Zusammen-
hangwichtigist der Abschnitt über die „irrealen Sinngebilde und das historische
Verstehen“, der in den späteren Auflagen meines Buches über „Die Grenzen
der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung“ seit 1921 (5. Aufl. 1929) hin-
zugekommen ist. Ferner sei noch hingewiesen auf die Abhandlung: „Die
Methode der Philosophie und das Unmittelbare, eine Problemstellung“, 1923
und „Die Erkenntnis der intelligibeln Welt und das Problem der Metaphysik I
und II (Logos, Band XII, S. 235ff„ Bd. XVI, S. 162 und Bd. XVIII, S. 36).
Der Leser, der die Andeutungen im Text nicht befriedigend findet, muß sich
an meine früheren Darlegungen halten. Ich wollte das dort Ausgeführte hier
nicht wiederholen.
 
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