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Zweiter ontologischer Teil.

alle als verschiedene Arten des „Seins überhaupt“ charakteri-
sieren. Sowohl das sinnlich Wirkliche als auch das unsinnlich
Geltende (und ebenso das übersinnlich Wirkliche wie auch das
ideal Existierende) — jedes ist notwendig ein irgendwie Sei-
endes. Daraus folgt: das Prädikat „Sein“ kann überhaupt nir-
gends fehlen, wo „etwas“ erkannt wird. Das zu erkennende
Etwas muß in jedem Fall „sein“. Über Nicht-Seiendes gibt es
auch keine Wahrheit. Alles in der Welt „ist“, wenn man dies Wort
in der allgemeinsten Bedeutung nimmt. Wer will das bezweifeln ?
Wir hätten also das, was die zu logischen Subjekten werdenden
Inhalte und die zu ihnen hinzutretenden Prädikate gegenüber „dem
Sein überhaupt“ noch in ihrer Verschiedenheit kennzeichnet, nur
wegzulassen brauchen. Dann durften wir von vorneherein sagen:
alles, was irgendwie durch sekundäre, d. h. schon inhaltlich be-
stimmte Prädikate erkannt werden soll, muß zuerst irgendwie
„sein“, oder logisch genauer ausgedrückt: nichts kann Gegenstand
einer wahren Erkenntnis werden, das nicht vorher als „seiend“
erkannt ist. Danach wäre das Erkenntnis-Prädikat „sein“ sogleich
als das allgemeinste primäre Prädikat oder als das Urprädikat
festgestellt.
Ja, wir hätten auf diesem Wege auch eine völlig einfache und
zugleich absolut allgemeine Formel gefunden, die bereits alles ent-
hält, worauf es uns ankommt. Statt besonderer Beispiele brauchten
wir nur zu sagen: a ist b, und die Formel: „etwas ist“ ohne jeden
weiteren Zusatz, der die Art des Seins näher bestimmt, also ohne
einen Zusatz wie ,,wirklich“ oder „geltend“, brächte dann ebenso-
gut oder noch besser, weil in allgemeiner Weise ohne jede Ein-
schränkung, den primitivsten und einfachsten wahren Sinn, der
jeder denkbaren gegenständlichen Erkenntnis ,,a ist b“ als unent-
behrliche Voraussetzung zugrunde liegt, zum Ausdruck. Die beson-
deren Formeln: „etwas ist wirklich“ und „etwas ist geltend“ usw.
wären dieser allgemeinsten Formel unterzuordnen, und höchstens
das eine müßte dabei ausdrücklich bemerkt werden, daß in ihr
das Wort „ist“ nicht etwa nur die Copula zwischen Subjekt und
Prädikat bezeichnen darf, wie in dem Satze „a ist b“, sondern
zugleich auch das Prädikat „sein“ als Erkenntnisform bedeuten
muß, so daß die Formel in einem vollentwickelten Satz, der auch
Copula und Prädikat sprachlich voneinander trennt, zu lauten
hätte: „etwas ist seiend“. An dieser Formel aber ließe sich dann,
wie es scheint, noch einfacher und insofern besser, alles zeigen,
 
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