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VI. Sein als Erkenntnisprädikat, als Denkprädikat u. als Copula. 131

und Widerspruch bloße Denkformen ? Oder muß man nicht
vielmehr auch eine Prädikatsform ,,sein“ aisbloße Denkform von
den verschiedenen E r kennt ni s formen des Seins trennen, die
gegenständliche Wahrheiten konstituieren ? Erst die Antwort auf
diese Fragen zeigt, was es mit dem „Sein der Welt“ auf sich hat,
und worin das Problem der Ontologie besteht.
Schon oft hat man darauf hingewiesen, daß das Sein der
Copula nicht mit dem Sein verwechselt werden darf, das wir meinen,
wenn wir vom „Sein der Welt“ oder vom „Seienden überhaupt“
reden, und ein solcher Hinweis ist zweifellos zu beherzigen. Daß
etwas in der Weise der Copula „ist“, sagt gewiß noch nichts dar-
über, daß es auch in der Weise in der Welt ist, die es zu einem als
seiend erkannten Gegenstand in der Welt macht. Man muß also
das Sein der Copula, falls es sich dabei in Wahrheit nur um die
Copula, d. h. um das handelt, was zwischen Subjekt und Prädikat
steht, von dem Sein, das als Prädikat auftreten kann, unter-
scheiden. Zwar haben beide, das Prädikat-Sein und das Copula-
Sein, besonders wenn sie in der Aussageform „ist“ auftreten, nicht
nur sprachlich, sondern auch logisch etwas miteinander gemeinsam,
und worin dies Gemeinsame besteht, werden wir später ebenfalls
genau festzustellen versuchen. Zunächst aber wollen wir nur darauf
achten: der gemeinsame Name darf uns nicht darüber täuschen,
daß sogar bei sprachlicher Identität der Bezeichnung durch „ist“
wesentliche Unterschiede der Bedeutung von Copula-Sein und
Prädikat-Sein vorhanden sind.
Es wird gut sein, einem Irrtum, der hier leicht entstehen kann,
auf die Gefahr des Anscheines von Pedanterie, ausdrücklich vorzu-
beugen. Das ist auch deswegen notwendig, weil dieser Irrtum sich
eventuell zugleich gegen unsere Ausführungen über die allgemeinen
Sätze: „a ist b“ und die Formel: „etwas ist seiend“ richten kann.
Gewiß, wird man zunächst sagen, spricht der Satz „a ist b“
dem a auch das Prädikat „sein“ zu, denn wie könnten wir sagen:
„a ist b“, wenn a nicht „ist“ ? Das wäre ein Widerspruch. Aber,
wird man hinzufügen, daraus darf man keine weiteren Schlüsse
ziehen und besonders nicht meinen, daß deshalb in jedem Satz,
der b von a aussagt, bereits zwei Prädikate enthalten sind, näm-
lich erstens das Prädikat des Satzes, daß a ist, und zweitens das
Prädikat des Satzes, daß a außerdem noch b ist. Die Behauptung,
a müsse, um b zu sein, zunächst einmal überhaupt „sein“, komme
vielmehr auf eine bloße Tautologie hinaus.

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