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VIII. Ontologie und Metaphysik.

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transzendent prädiziert. In der allgemeinen Ontologie aber soll
gerade nicht nur ein besonderer Inhalt in der Form eines beson-
deren Seins, sondern das Sein der Welt überhaupt untersucht
werden, und schon deshalb kann man dies Sein nicht in der Weise
als Gegenstand betrachten, wie die vorher genannten Teile der
seienden Welt. Wie wir schon sagten: nicht nur, was die Welt
ist, sondern gerade, was die Welt ist, wird zum ontologischen
Problem.
Wollte man das bestreiten, so wäre nicht recht einzusehen,
was die allgemeine Ontologie als Welt-Wissenschaft mit eigenen
Problemen neben den Spezialdisziplinen, die sich mit den beson-
deren Weltteilen beschäftigen, überhaupt noch will. Oder dann
wäre sie allerdings nur noch als Metaphysik möglich.
Jedenfalls: sie kann sich nicht die Aufgabe stellen, nur das
zusammenzufassen, was die Einzelwissenschaften in ihrer Gesamt-
heit über alle verschiedenen Teile der Welt lehren. Eine solche
„Philosophie“, wie sie in den Zeiten des engsten Spezialistentums
als Ideal aufgestellt wurde, ist doch wohl so stark in Mißkredit
gekommen, daß sie nicht mehr ausdrücklich bekämpft zu werden
braucht. Man hat eingesehen, daß man derartige „zusammen-
fassende“ Betrachtungen besser den Spezialforschern selbst über-
läßt. Wo diese dann nichts mehr zu sagen wissen, kann auch der
Philosoph als Ontologe nicht hoffen, die Lücken auszufüllen. Ein
Zusammenfassen von bereits anderswo fertiggestellten Resultaten
ist überhaupt keine selbständige wissenschaftliche Tätigkeit, am
wenigsten „Philosophie“.
Die Ontologie bekommt als Weltwissenschaft nur dann ihr
eigenes Problem, wenn sie auch nach dem Sein der Welt selber
fragt oder genauer nach dem Sein des Seienden (das darum noch
kein ontos on zu sein braucht), und dies Sein der Welt haben wir
als Erkenntnisform erkannt. Es ist gewiß keine bloße Denkform,
aber ebensowenig für sich schon ein „Gegenstand“ in dem Sinne wie
das Licht, da zu einem solchen stets Form und Inhalt gehören.
Bereits aus diesem Grunde kann die Ontologie sich nicht wie eine
Teilwissenschaft auf den Inhalt des Seienden beschränken. Das
wird man nicht mehr bezweifeln, sobald man das „Sein“ der Welt
logisch als Prädikat verstanden hat. Insofern muß die allgemeine
Ontologie schon bei ihrer Fragestellung von der Logik lernen.
Ferner aber ergibt sich, wenn dies klar ist, aus unseren frü-
heren Ausführungen, daß die Ontologie nicht voraussetzem darf,
 
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