Paulus auf dem Areopag.
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braucht sich nicht auf mehrere Dichter zu beziehen, sondern nur
auf den einen Arat, als dessen geistiges Eigentum es schon Cle-
mens Alex. Strom. I 915 erkannt hat. Diese Art unbestimmt und
pluralisch zu zitieren, beweist gebildete Haltung1 ebenso wie die
Häufung der Zitate. Es ist ein kleines Anzeichen einer großen
Sache: die Rede Act. 17 stellt formal wie sachlich die Anschauung
eines Bildungschristentums dar, wie wir es sonst nur aus dem
zweiten Jahrhundert kennen. Im Neuen Testament aber ist diese
Art Christentum nur hier -— und, wenn man will, Act. 14, 15—-17 —
bezeugt.
Der hier verwendete Vers aus den Phainomena des Arat, dessen
stilistischer Feinheit Kallimachos ein Epigramm gewidmet hat2 *,
steht in der Einleitung des Gedichts: mit Zeus soll man beginnen,
so sagt der Dichter, voll von ihm sind Straßen und Märkte, Meer
und Häfen; seiner bedürfen wir alle, sind wir doch seines Ge-
schlechts. Er aber zeigt den Menschen in seiner Milde günstige
Zeichen, er erinnert die Völker an des Lebens Notwendigkeiten und
erweckt sie so zur Tätigkeit; er sagt, wann zu pflügen und wann
zu pflanzen sei. Dann wird von den Gestirnen gesprochen, die den
Menschen zeigen, daß für sie die Jahreszeiten geordnet seien; und
am Ende der Einleitung wird Zeus gegrüßt: χαΐρε, πάτερ, μέγα θαύμα
und als Ahnherr des Menschengeschlechts gefeiert. Die Areopag-
rede scheint also in mehr als einer Hinsicht diesen präludierenden
Versen des Arat nahe zu sein. Der Ursprung der Menschen in Gott
und die darauf beruhende Verwandtschaft, die Erwähnung des
Bodens und der Jahreszeiten im Gottesbeweis (vgl. S. 11 Anm. 1)
1 Lake, Beginnings of Christ. IV 218 meint, τινές beziehe sich auf meh-
rere Dichter, also etwa auf Epimenid.es und Arat, denn τινές sei nicht gebräuch-
lich, um im Sinne literarischer Konvention verhüllend einen einzigen zu be-
zeichnen. Aber Philo schreibt De spec. leg. I 48 όνομάζουσι δ’αύτάς ούκ άπό
σκοπού τινες των παρ’ ύμιν ιδέας — und meint doch nur Plato (ebenso
schreibt er De spec. leg. I 74 ώς οί ποιηταί φασι und meint einen homeri-
schen Ausdruck). Es darf also auch aus τινές Act. 17, 28 die Beziehung
auf nur einen Dichter herausgelesen werden; der Plural beruht auf lite-
rarischer Konvention, verstärkt also den Eindruck, daß der Verf. sich
seiner Bildung bewußt ist. Man halte dagegen die unliterarische Art, wie
der wirkliche Paulus I. Kor. 15, 33 einen Vers des Menander verwendet,
wohl ohne den Ursprungsort zu kennen, und ihn nur mit μή πλανασθε ein-
führt.
2 Callimachus Epigr. 27, S. 54 in der kleinen Ausgabe von Wilamowitz4:
'Ησιόδου το τ’άεισμα καί ό τρόπος ist der Anfang; der Schluß lautet: χαίρετε
λεπταί | ρήσιες, ’Αρήτου σύμβολον άγρυπνίης.
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braucht sich nicht auf mehrere Dichter zu beziehen, sondern nur
auf den einen Arat, als dessen geistiges Eigentum es schon Cle-
mens Alex. Strom. I 915 erkannt hat. Diese Art unbestimmt und
pluralisch zu zitieren, beweist gebildete Haltung1 ebenso wie die
Häufung der Zitate. Es ist ein kleines Anzeichen einer großen
Sache: die Rede Act. 17 stellt formal wie sachlich die Anschauung
eines Bildungschristentums dar, wie wir es sonst nur aus dem
zweiten Jahrhundert kennen. Im Neuen Testament aber ist diese
Art Christentum nur hier -— und, wenn man will, Act. 14, 15—-17 —
bezeugt.
Der hier verwendete Vers aus den Phainomena des Arat, dessen
stilistischer Feinheit Kallimachos ein Epigramm gewidmet hat2 *,
steht in der Einleitung des Gedichts: mit Zeus soll man beginnen,
so sagt der Dichter, voll von ihm sind Straßen und Märkte, Meer
und Häfen; seiner bedürfen wir alle, sind wir doch seines Ge-
schlechts. Er aber zeigt den Menschen in seiner Milde günstige
Zeichen, er erinnert die Völker an des Lebens Notwendigkeiten und
erweckt sie so zur Tätigkeit; er sagt, wann zu pflügen und wann
zu pflanzen sei. Dann wird von den Gestirnen gesprochen, die den
Menschen zeigen, daß für sie die Jahreszeiten geordnet seien; und
am Ende der Einleitung wird Zeus gegrüßt: χαΐρε, πάτερ, μέγα θαύμα
und als Ahnherr des Menschengeschlechts gefeiert. Die Areopag-
rede scheint also in mehr als einer Hinsicht diesen präludierenden
Versen des Arat nahe zu sein. Der Ursprung der Menschen in Gott
und die darauf beruhende Verwandtschaft, die Erwähnung des
Bodens und der Jahreszeiten im Gottesbeweis (vgl. S. 11 Anm. 1)
1 Lake, Beginnings of Christ. IV 218 meint, τινές beziehe sich auf meh-
rere Dichter, also etwa auf Epimenid.es und Arat, denn τινές sei nicht gebräuch-
lich, um im Sinne literarischer Konvention verhüllend einen einzigen zu be-
zeichnen. Aber Philo schreibt De spec. leg. I 48 όνομάζουσι δ’αύτάς ούκ άπό
σκοπού τινες των παρ’ ύμιν ιδέας — und meint doch nur Plato (ebenso
schreibt er De spec. leg. I 74 ώς οί ποιηταί φασι und meint einen homeri-
schen Ausdruck). Es darf also auch aus τινές Act. 17, 28 die Beziehung
auf nur einen Dichter herausgelesen werden; der Plural beruht auf lite-
rarischer Konvention, verstärkt also den Eindruck, daß der Verf. sich
seiner Bildung bewußt ist. Man halte dagegen die unliterarische Art, wie
der wirkliche Paulus I. Kor. 15, 33 einen Vers des Menander verwendet,
wohl ohne den Ursprungsort zu kennen, und ihn nur mit μή πλανασθε ein-
führt.
2 Callimachus Epigr. 27, S. 54 in der kleinen Ausgabe von Wilamowitz4:
'Ησιόδου το τ’άεισμα καί ό τρόπος ist der Anfang; der Schluß lautet: χαίρετε
λεπταί | ρήσιες, ’Αρήτου σύμβολον άγρυπνίης.