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Dibelius, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 2. Abhandlung): Paulus auf dem Areopag — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41997#0038
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38

Martin Dibelujs:

Bildersprache des Apostels, die Curtius im weiteren Verlauf seiner
Abhandlung heranzieht, zumal von dem Bilde vom Leib und dem
ganzen Kreis von Bildern aus dem Stadion.
Unsere Untersuchung muß an einem zentralen Punkt ein-
setzen und fragen, wie der Paulus der Briefe über Gotteserkenntnis
und Gottverwandtschaft des natürlichen Menschen gedacht hat.
Denn darum geht es in der Areopagrede. Paulus hat das Thema
Gotteserkenntnis bekanntlich im ersten Kapitel des Römerbriefs
berührt; aber es geschieht in einem ganz eindeutigen Zusammen-
hang: der Apostel will zeigen, daß die Verehrer der Götter und
besonders der Bilder nicht zu entschuldigen sind (Röm. 1, 20 εις
το είναι αύτούς άναπολογήτους). Dies aber ist ihre Schuld: daß sie
den wahren Gott zwar erkannten, aber nicht verehrten, daß sie
das Geschöpf anbeteten statt des Schöpfers. Und nur um die
Größe dieser Schuld recht deutlich zu machen, hat Paulus jenen
Satz Röm. 1, 20 geschrieben, den man so oft als Beleg für eine
angebliche Theologia naturalis hei Paulus isoliert, überbetont und
infolgedessen verkannt hat: τά γάρ άόρατα αύτου άπό κτίσεως κόσμου τοΐς
ποιήμασιν νοούμενα καΟ-οραται., ή τε αίδιος αυτού δύναμις καί θειότης.
Mit νοούμενα καθοραται ,,es wird erkannt gesehen“ ist auf den
von der Stoa so oft vertretenen Gottesbeweis aus der Erkenntnis
der Welt angespielt* 1: „sein unschaubares Wesen wird seit der Welt-
schöpfung dem denkenden Verstände in seinen Werken sichtbar,
und zwar als ewige Macht und Gottheit“. Aber der stoische Be-
weis wird nur erwähnt; er besitzt für Paulus keinen Wert; denn
in Wirklichkeit hat jene Erkenntnis Gottes nicht Verehrung, son-
dern Verkennung des Weltschöpfers zur Folge gehabt. Das Er-
kennen, das den Menschen als Wirklichkeit, nicht bloß als Mög-
lichkeit gegeben war, zwang die Menschen nicht auf die Knie.
Deum novisse und deum colere fielen nicht, wie Seneca meint (vgl
S. 32), zusammen!
Die Areopagrede denkt anders von dem stoischen Gottes-
beweis, nur steht bei ihr weniger der kosmologische als der teleo-
logische Beweis im Vordergrund. Durch die sinnvolle Fürsorge für

der griechischen Bildungsgeschichte“ (W. W. Jäger, Paideia 25) ist dafür
ebenso bezeichnend wie das Auftreten von Werten nichtchristlicher Art wie
εύφημος und προσφιλής; vgl. dazu meinen Kommentar im Handbuch z. N. T.
zur Stelle.
1 Den Beweis hat Anton Fridrichsen in der Zeitschr. f. neutestamentl.
Wissenschaft 1916, 159—168 geführt.
 
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