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Zur Einführung.

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Vorwort sagt, er habe „sie unverändert gelassen, mit alleiniger Aus-
nahme der Orthographie“, so haben wir doch eher ein Mittelding
zwischen einer Textedition und einer Übersetzung vor uns. Viel-
leicht ist auch dadurch allerlei Ungenauigkeit in den Text gekom-
men, daß zwischen der Abschrift, die Mayr in München gemacht,
und dem Abdruck mehrere Jahre lagen, wie im Vorwort erwähnt
ist. So hatte der Herausgeber sicher nicht mehr die Einzelheiten
der Hs. im Gedächtnis, und von einer erneuten Kollation ist nicht
die Rede.
Zum zweitenmal wurde die Vaterunser-Auslegung von F. A.
Scharpff abgedruckt* 1. Er hat die Hs. T erneut eingesehen, aber
offenbar auch Mayrs Ausgabe benutzt, ohne sie freilich zu er-
wähnen. Ein Fortschritt ist hier insofern zu verzeichnen, als
Scharpff die Schreibweise von T ziemlich treu wiedergibt. Sein
Text kann aber ebensowenig wie der von Mayr als kritisch an-
gesehen werden, da er mancherlei Fehler enthält.
Zwei Jahre nach Scharpff veröffentlichte Jos. Bach in seinem
bekannten Buch über Eckhart2 größere Auszüge aus der Vater-
hat aber genau den Text von T (vgl. S. 30 seiner Ausgabe). Der Satzteil 90, 1
„Das rijch dae nit dan gut ader got is heilet“ fehlt in Te, steht aber bei Mayr
(S. 34). FürF sind charakteristisch die Lücken: 30,18 vß den Worten: „vater
vnfer“; 36, 6 allergelichfte is dem vater vnd der oberfte name; 52, 4 in dem willen,
der von dem licht des heiligen geiftz; 64, 14 dem wort „degelich“ vnd. An
all diesen Stellen hat Mayr einen vollständigen Text wie T. Demgegenüber
fällt es nicht ins Gewicht, daß er an zwei Stellen dieselben Lücken wie F hat:
36, 4 vnd is eyn glichnijs des verftentenijs; 48, 9 vnd in den Worten die heilige
driualdicheit bedudet wirt. Bei der ersten Stelle handelt es sich um ein Homoio-
teleuton; Mayrs Fehler ist also leicht zu erklären. Bei der zweiten Stelle
ist es wohl so, daß er die Worte ausließ, weil er sie für eine fehlerhafte Ver-
doppelung der vorhergehenden „Vnd als die dru woert bezeichent die driual-
dicheit“ hielt. Wie der Absatz, den Mayr hier mitten im Satz (48, 10 also
hait) macht, zeigt, hat er die Konstruktion des Satzes nicht verstanden. Aus
den genannten Gründen ist es wohl sicher, daß Mayr die Hs. T benutzt hat.
1 F. A. Scharpff, Des Cardinais und Bischofs Nicolaus von Cusa wich-
tigste Schriften in deutscher Übersetzung, Freiburg i. B. 1862, S. 511—-527.
Die oben (S. 4 Anm. 2) für die Benutzung von T durch Mayr unter 3) u. 4)
angeführten Gründe treffen auch für Scharpff zu. Da er aber die Überschrift
ohne Zweifel aus Te entnommen hat, so ist es nicht unwahrscheinlich, daß er
auch diese Hs. für seine Edition benutzt hat.
2 Jos. Bach, Meister Eckhart, der Vater der deutschen Speculation,
Wien 1864, S. 217—224. Die Abschnitte 2—6 (bis S. 28, 21 gebede); 7 (von
S. 30, 16 fyn wirß —11 (bis S. 36, 16 fon); 14 (von S. 40, 12 alfo) —16 (bis
S. 42, 19 gnaden) sind ziemlich wörtlich wiedergegeben, die übrigen werden
kurz zusammengefaßt.
 
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