Erstes Kapitel: Die handschriftl. Überlieferung usw. §2.
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Cus. 220, fol. 8v) heißt es: Quid est homo ? semper respondetur
in vvlgari: dat ijt eyn mentz, dat ijt eyn dire, dat ijt eyn hultz. Da
dieser Teil der Hs. von Nikolaus selbst geschrieben ist1, ergibt
sich für seine Sprache daraus das Folgende:
hultz ist eine md. Form, die nach Moser § 73, 2 (S. 134) mfr.
schon frühmhd. begegnet; das i in dire zeigt die md. Monophthon-
gierung; zum -e vgl. oben S. 154 (Hs. Tr B 8 und die ebd. genannte
Lit.); ferner beachte dat und das anl. d- in dire. Zu mentz vgl. die
Formen veltz, weltz in der moselfr. Hs. H bei Bach, Göllh., § 127.
In diese moselfränkische Sprache dringen obd. Schreibungen
ein, wie sich an Hand von Briefen, deren Photokopien ich dem
Landesregierungs-Archiv für Tirol verdanke, feststellen läßt2.
A. An Längezeichen erscheinen nachgestelltes e und i: aen,
itoet, doe/t, leer, beet, halt, czijt usw.
B. In bezug auf den Vokalismus verzeichne ich:
1. Mhd. i ist durchweg erhalten: mynen, czijt, jcriben, gelich,
flyß usw. Mhd. ü erscheint meist als au: auff, hauß, mhd. iu als eu
oder u: heute, lute(n), durchweg eur, euch. Neben fruntlichen, frunt-
jchaff steht freunde. Dazu Michels § 89 Anm. 1.
2. Mhd. uo ist u: gut(en), june neben jüne (in demselben Brief),
grüß. Dafür oe in doeft. Mhd. üe wird wie uo behandelt.
Mhd. ie ist i, ij, y, ie: gebiten, enbijten, dynft, brieffs. Das
Verbalsuffix mhd. -ieren lautet -eren in regeren.
3. Mhd. ou erscheint als au, mhd. ei durchweg als ei, ey.
4. Mhd. i erscheint als i: friden, ge jcriben, dißer und als e:
bete, woneben auch die Form beet begegnet.
1 Gedruckt bei Jos. Koch, HSB. 1936/37, 2. Abh., S. 165 Anm. 3. Zur
Frage des Schreibers siehe ebda. S. 6 Anm. 1.
2 Es gibt nur wenige deutsche Schriftstücke von der Hand des Gusa-
nus. Herr Oberstaatsarchivar Prof. Dr. O. Stolz hatte die Freundlichkeit,
die im folgenden aufgezählten sechs Stücke, die als einzige in deutscher Sprache
abgefaßt und von Nikolaus selbst geschrieben worden sind, herauszusuchen
und für mich photokopieren zu lassen, wofür ihm auch an dieser Stelle gedankt
sei. Es sind drei Briefe an die Herzogin Eleonore von Tirol (1458 Juli 26;
August 1; 1459 Juni 16); Brief an den Amtmeister Hans Heusen (1462
Juni 22); Schreiben in der Streitsache mit Herzog Sigismund von Tirol
(„gefcriben auff fent raphaels bürg des fontags py octauas epiphanie“ o. J.);
ferner ein undatiertes Konzept eines Schreibens über die Maßnahmen gegen
das Kloster Sonnenburg aus Sigismundiana IX. 62. Die sonstigen bei Jaeger
a.a. 0. mehrfach als „Handschrift des Kardinals“ angesprochenen Stücke, vor
allem aus dem God. Cus. 221 sind nur aus der Kanzlei des Kardinals.
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Cus. 220, fol. 8v) heißt es: Quid est homo ? semper respondetur
in vvlgari: dat ijt eyn mentz, dat ijt eyn dire, dat ijt eyn hultz. Da
dieser Teil der Hs. von Nikolaus selbst geschrieben ist1, ergibt
sich für seine Sprache daraus das Folgende:
hultz ist eine md. Form, die nach Moser § 73, 2 (S. 134) mfr.
schon frühmhd. begegnet; das i in dire zeigt die md. Monophthon-
gierung; zum -e vgl. oben S. 154 (Hs. Tr B 8 und die ebd. genannte
Lit.); ferner beachte dat und das anl. d- in dire. Zu mentz vgl. die
Formen veltz, weltz in der moselfr. Hs. H bei Bach, Göllh., § 127.
In diese moselfränkische Sprache dringen obd. Schreibungen
ein, wie sich an Hand von Briefen, deren Photokopien ich dem
Landesregierungs-Archiv für Tirol verdanke, feststellen läßt2.
A. An Längezeichen erscheinen nachgestelltes e und i: aen,
itoet, doe/t, leer, beet, halt, czijt usw.
B. In bezug auf den Vokalismus verzeichne ich:
1. Mhd. i ist durchweg erhalten: mynen, czijt, jcriben, gelich,
flyß usw. Mhd. ü erscheint meist als au: auff, hauß, mhd. iu als eu
oder u: heute, lute(n), durchweg eur, euch. Neben fruntlichen, frunt-
jchaff steht freunde. Dazu Michels § 89 Anm. 1.
2. Mhd. uo ist u: gut(en), june neben jüne (in demselben Brief),
grüß. Dafür oe in doeft. Mhd. üe wird wie uo behandelt.
Mhd. ie ist i, ij, y, ie: gebiten, enbijten, dynft, brieffs. Das
Verbalsuffix mhd. -ieren lautet -eren in regeren.
3. Mhd. ou erscheint als au, mhd. ei durchweg als ei, ey.
4. Mhd. i erscheint als i: friden, ge jcriben, dißer und als e:
bete, woneben auch die Form beet begegnet.
1 Gedruckt bei Jos. Koch, HSB. 1936/37, 2. Abh., S. 165 Anm. 3. Zur
Frage des Schreibers siehe ebda. S. 6 Anm. 1.
2 Es gibt nur wenige deutsche Schriftstücke von der Hand des Gusa-
nus. Herr Oberstaatsarchivar Prof. Dr. O. Stolz hatte die Freundlichkeit,
die im folgenden aufgezählten sechs Stücke, die als einzige in deutscher Sprache
abgefaßt und von Nikolaus selbst geschrieben worden sind, herauszusuchen
und für mich photokopieren zu lassen, wofür ihm auch an dieser Stelle gedankt
sei. Es sind drei Briefe an die Herzogin Eleonore von Tirol (1458 Juli 26;
August 1; 1459 Juni 16); Brief an den Amtmeister Hans Heusen (1462
Juni 22); Schreiben in der Streitsache mit Herzog Sigismund von Tirol
(„gefcriben auff fent raphaels bürg des fontags py octauas epiphanie“ o. J.);
ferner ein undatiertes Konzept eines Schreibens über die Maßnahmen gegen
das Kloster Sonnenburg aus Sigismundiana IX. 62. Die sonstigen bei Jaeger
a.a. 0. mehrfach als „Handschrift des Kardinals“ angesprochenen Stücke, vor
allem aus dem God. Cus. 221 sind nur aus der Kanzlei des Kardinals.