Zweites Kapitel: Literarhistorische Untersuchung. §2.
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ratahabetis in opusculo domini cardinalis, qnod iam nostis
esse translatum ad latine ligue sermonem“ (f. 197r). Ob-
wohl der Name des Kardinals nicht genannt ist, besteht kein Zwei-
fel, daß die deutsche Vaterunser-Erklärung des Cusanus gemeint
ist. Leider sagt uns Marcellus auch nicht ausdrücklich, daß er
selbst die Übersetzung gemacht hat. Seine Ausdrucksweise ist hier
aber genau dieselbe wie bei seinem Hinweis auf die Erklärung des
Kanons der Messe; und da diese sicher von ihm stammt, so läßt
sich dasselbe auch von jener Übersetzung annehmen. Es gibt aber
auch noch einige wichtige formale und stilistische Anhaltspunkte
zur Feststellung der Authentizität:
1. Es ist eine Eigenart des Marcellus, seine Abhandlungen
mit einem Gebet einzuleiten; hie und da schließt er sie auch mit
einem Gebet. Zunächst sei auf Hs. 541 hingewiesen, die ganz seiner
Heidelberger Zeit angehört:
a) Am oberen Rand von f. Ir steht — von seiner Hand geschrieben —
das Gebet: „Deus, in tua bonitate et magnitudine et potestate incipit Liber
de phisico auditu. Da bonitatis . . . (abgeschnitten) . . . presenciam, potes-
tatis superioritatem. Amen.“
b) Von f. 232 r an enthält die Hs. Quästionen und Reden des jungen
Magisters. Fast jedes Stück wird mit einem Gebet begonnen; meist steht es
gesondert am oberen Rand, so f. 232r; 240r; 248v; 254vb; 258v; 263v;
270v; 284r; 289r; 290r.
Die folgenden Beispiele sind der Hs. 149 entnommen, die Ab-
handlungen aus der Kartäuser Zeit enthält:
a) „Questio quomodo sequitur: Omnia per ipsum; ergo ipsum in Om-
nibus, cum nec pater in filio nec artifex in domo“ (f. 172r — 173r). Einleiten-
des Gebet: „Deus, lumen et lux mentis, in tuo nomine omnia et ipsum in
omnibus esse illustra queso, ut sicut est intelligam teque sic laudare digne
mereamur“. Am Rand: „Responsio Marcelli“. Dann erst beginnt der Text:
„Bonitas non querens sua“ usw.
b) Mit Gebeten beginnen die Abhandlungen über das Leiden Christi
(f. 174r—183v), über Vita activa et contemplativa (f. 185r—• 188r).
c) Ein langes Gebet leitet die Abhandlung über das Gebet der Psalmen
ein: „Immense largitatis Deus et pater domini nostri Ihesu Christi qui, quamvis
omnipotens esse vera fide credaris . . . in se suisque membris multifarie expres-
sum per omnia secula tibi corregnantem et benedictum. Amen“ (f. 205r).
Dann erst beginnt die eigentliche Abhandlung.
d) Auch die letzte Abhandlung der Hs., eine anscheinend unvollendete
Psalmenerklärung, beginnt mit einem Gebet: „Deus, cuius esse lumen, boni-
tas, vita“ usw. (f. 215 r).
Das letzte Beispiel sei aas Hs. 560 entnommen. Hier findet
sich die rein philosophische Abhandlung des Marcellus ,,De na-
tura universali“.
13 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1938/39. 4. Abh.
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ratahabetis in opusculo domini cardinalis, qnod iam nostis
esse translatum ad latine ligue sermonem“ (f. 197r). Ob-
wohl der Name des Kardinals nicht genannt ist, besteht kein Zwei-
fel, daß die deutsche Vaterunser-Erklärung des Cusanus gemeint
ist. Leider sagt uns Marcellus auch nicht ausdrücklich, daß er
selbst die Übersetzung gemacht hat. Seine Ausdrucksweise ist hier
aber genau dieselbe wie bei seinem Hinweis auf die Erklärung des
Kanons der Messe; und da diese sicher von ihm stammt, so läßt
sich dasselbe auch von jener Übersetzung annehmen. Es gibt aber
auch noch einige wichtige formale und stilistische Anhaltspunkte
zur Feststellung der Authentizität:
1. Es ist eine Eigenart des Marcellus, seine Abhandlungen
mit einem Gebet einzuleiten; hie und da schließt er sie auch mit
einem Gebet. Zunächst sei auf Hs. 541 hingewiesen, die ganz seiner
Heidelberger Zeit angehört:
a) Am oberen Rand von f. Ir steht — von seiner Hand geschrieben —
das Gebet: „Deus, in tua bonitate et magnitudine et potestate incipit Liber
de phisico auditu. Da bonitatis . . . (abgeschnitten) . . . presenciam, potes-
tatis superioritatem. Amen.“
b) Von f. 232 r an enthält die Hs. Quästionen und Reden des jungen
Magisters. Fast jedes Stück wird mit einem Gebet begonnen; meist steht es
gesondert am oberen Rand, so f. 232r; 240r; 248v; 254vb; 258v; 263v;
270v; 284r; 289r; 290r.
Die folgenden Beispiele sind der Hs. 149 entnommen, die Ab-
handlungen aus der Kartäuser Zeit enthält:
a) „Questio quomodo sequitur: Omnia per ipsum; ergo ipsum in Om-
nibus, cum nec pater in filio nec artifex in domo“ (f. 172r — 173r). Einleiten-
des Gebet: „Deus, lumen et lux mentis, in tuo nomine omnia et ipsum in
omnibus esse illustra queso, ut sicut est intelligam teque sic laudare digne
mereamur“. Am Rand: „Responsio Marcelli“. Dann erst beginnt der Text:
„Bonitas non querens sua“ usw.
b) Mit Gebeten beginnen die Abhandlungen über das Leiden Christi
(f. 174r—183v), über Vita activa et contemplativa (f. 185r—• 188r).
c) Ein langes Gebet leitet die Abhandlung über das Gebet der Psalmen
ein: „Immense largitatis Deus et pater domini nostri Ihesu Christi qui, quamvis
omnipotens esse vera fide credaris . . . in se suisque membris multifarie expres-
sum per omnia secula tibi corregnantem et benedictum. Amen“ (f. 205r).
Dann erst beginnt die eigentliche Abhandlung.
d) Auch die letzte Abhandlung der Hs., eine anscheinend unvollendete
Psalmenerklärung, beginnt mit einem Gebet: „Deus, cuius esse lumen, boni-
tas, vita“ usw. (f. 215 r).
Das letzte Beispiel sei aas Hs. 560 entnommen. Hier findet
sich die rein philosophische Abhandlung des Marcellus ,,De na-
tura universali“.
13 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1938/39. 4. Abh.