244 J. Koch und H. Teske Cusanus-Texte: I. Predigten, 6.
bei, daß der allein mögliche Ort der Lehre von der Kirche sehr
genau erfaßt ist, nämlich zwischen der Lehre von der Mensch-
werdung und der Sakramentenlehre. Letztere wird zwar auch nur
angedeutet (64, 7 und vor allem 66, 8ff.), jedoch klar genug, um
die Auffassung des Cusanus erkennen zu lassen. Diese Anord-
nung ist deshalb zu beachten, weil hier die großen Summen des
Hochmittelalters nicht Vorbild sein können; denn sie enthalten ja
noch keine Lehre von der Kirche. Cusanus ist aber in einer Zeit
aufgewachsen, in der die Kirche in den Mittelpunkt des theologi-
schen Interesses getreten war. Seine ,,Concordantia Catholica“ ist
ja auch ein Beitrag zur Ausbildung eines besonderen „Tractatus
de ecclesia“.
Der 6. Artikel, der die Lehre von der Rechtfertigung enthält,
geht nach dem Gedanken des Cusanus wieder aus allen frühem
hervor: aus der Lehre von der Erbsünde (74, 6ff.), von der All-
macht und Barmherzigkeit Gottes (74, 18ff.), von dem genug-
tuenden Verdienst des Leidens Christi (76, 18ff.) und von der
Kirche als seinem mystischen Leib, außer dem keine Vergebung
möglich ist (78, 6ff.). Man sieht gerade an der knappen Auslegung
des 6. Artikels, daß das Ordnungsprinzip die Auslegung keineswegs
zu einer Lawine werden läßt, die immer mehr Geröll mitschleppt,
sondern daß es die verborgenen Zusammenhänge zwischen den
Glaubenslehren aufdeckt.
Der 7. Artikel geht in anderer Weise als die bisherigen aus
den ersten sechs hervor, insofern er die Antwort des gerecht-
fertigten Menschen auf alle bisherigen Wohltaten Gottes enthält;
er kann nur eins tun: lieben und vergeben. Cusanus weist aber
auch hier im einzelnen auf die Zusammenhänge mit frühem Lehren
zurück, nämlich mit der Gottes- (80, 6ff.) und der Rechtfertigungs-
lehre; denn die Erfüllung des Gebotes der Liebe ist das einzige
Kennzeichen der Gotteskindschaft und des ewigen Lebens (80,
13ff.). Daß dieser Artikel im Keim die ganze Moraltheologie ent-
hält, sei nur nebenbei bemerkt.
Für die beiden letzten Artikel genüge der Hinweis, daß sie
auch in ähnlicher Weise wie die übrigen an alle vorherigen ange-
schlossen sind. Bei dem letzten wird das vor allem durch n. 45,
S. 88, 5 ff. deutlich gemacht. Daß er die Eschatologie enthält, ist
sowohl durch den Sinn der Bitte als auch durch den Aufbau der
Theologie gegeben.
Man kann es bedauern, daß Cusanus diese geistvolle Skizze
bei, daß der allein mögliche Ort der Lehre von der Kirche sehr
genau erfaßt ist, nämlich zwischen der Lehre von der Mensch-
werdung und der Sakramentenlehre. Letztere wird zwar auch nur
angedeutet (64, 7 und vor allem 66, 8ff.), jedoch klar genug, um
die Auffassung des Cusanus erkennen zu lassen. Diese Anord-
nung ist deshalb zu beachten, weil hier die großen Summen des
Hochmittelalters nicht Vorbild sein können; denn sie enthalten ja
noch keine Lehre von der Kirche. Cusanus ist aber in einer Zeit
aufgewachsen, in der die Kirche in den Mittelpunkt des theologi-
schen Interesses getreten war. Seine ,,Concordantia Catholica“ ist
ja auch ein Beitrag zur Ausbildung eines besonderen „Tractatus
de ecclesia“.
Der 6. Artikel, der die Lehre von der Rechtfertigung enthält,
geht nach dem Gedanken des Cusanus wieder aus allen frühem
hervor: aus der Lehre von der Erbsünde (74, 6ff.), von der All-
macht und Barmherzigkeit Gottes (74, 18ff.), von dem genug-
tuenden Verdienst des Leidens Christi (76, 18ff.) und von der
Kirche als seinem mystischen Leib, außer dem keine Vergebung
möglich ist (78, 6ff.). Man sieht gerade an der knappen Auslegung
des 6. Artikels, daß das Ordnungsprinzip die Auslegung keineswegs
zu einer Lawine werden läßt, die immer mehr Geröll mitschleppt,
sondern daß es die verborgenen Zusammenhänge zwischen den
Glaubenslehren aufdeckt.
Der 7. Artikel geht in anderer Weise als die bisherigen aus
den ersten sechs hervor, insofern er die Antwort des gerecht-
fertigten Menschen auf alle bisherigen Wohltaten Gottes enthält;
er kann nur eins tun: lieben und vergeben. Cusanus weist aber
auch hier im einzelnen auf die Zusammenhänge mit frühem Lehren
zurück, nämlich mit der Gottes- (80, 6ff.) und der Rechtfertigungs-
lehre; denn die Erfüllung des Gebotes der Liebe ist das einzige
Kennzeichen der Gotteskindschaft und des ewigen Lebens (80,
13ff.). Daß dieser Artikel im Keim die ganze Moraltheologie ent-
hält, sei nur nebenbei bemerkt.
Für die beiden letzten Artikel genüge der Hinweis, daß sie
auch in ähnlicher Weise wie die übrigen an alle vorherigen ange-
schlossen sind. Bei dem letzten wird das vor allem durch n. 45,
S. 88, 5 ff. deutlich gemacht. Daß er die Eschatologie enthält, ist
sowohl durch den Sinn der Bitte als auch durch den Aufbau der
Theologie gegeben.
Man kann es bedauern, daß Cusanus diese geistvolle Skizze