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E. Wahle :
her1, die wohl am besten als Wirtschaftsbetriebe der führenden
keltischen Gesellschaftsschicht zu deuten sind. Fragt man nun
nach Zeugnissen germanischer Besitznahme dieses vordem rein
keltischen Bodens, dann ist zunächst festzustellen, daß einwandfrei
germanischer Stoff nach unserer heutigen Kenntnis erst gegen etwa
200 n. Chr. einsetzt2. Denn die um 50 v. Chr. fallenden Bettinger
Funde enthalten nach dem bereits Gesagten keinen zwingenden
Hinweis auf germanische Herkunft, und dasselbe gilt von der ein-
zigen mainfränkischen Parallele, einem Grabe aus Würzburg selbst3,
das in die Zeit um Christi Geburt gehört. Und doch ist zu über-
legen, ob nicht diese beiden letztgenannten Fundorte den Ger-
manen zugeschrieben werden dürfen. Fallen die verschiedenen
Bräuche, also Leichenverbrennung, Waffenbeigabe und Verbiegen
der Waffen, an sich nicht in die Waagschale *— sagen sie vielleicht
etwas aus, sobald sie im Gegensatz zu dem eindeutig keltischen
Stoff der Körpergräber4 und Siedelungen stehen ? Gewiß veran-
1 Ebenda 20f. u. 28. Volk und Vorzeit 1, 1939, 70 (A. Dauber). —
Zu den Viereckschanzen als einem Element spätkeltischer Siedelung in Süd-
deutschland vgl. Iv. Bittel, Die Kelten in Württemberg, 1934, 99ff.
2 Brandgrab in Tauberbischofsheim, Badische Fundberichte 1927, 213ff.
(E. Wahle), um 200 anzusetzen. Etwas früher beginnt die Siedelung von
Baldersheim, Germania 14, 1930, 40ff. (W. Hojimel) u. 15, 1931, 83ff. (G.
Hock).
3 Kurz genannt: Führer durch das Fränkische Luitpold-Museum in
Würzburg2 1922, 128 (G. Hock) u. 23. Bericht der Römisch-Germanischen
Kommission 1933 (1934), 199 (P. Reinecke). Zu der mit Leichenbrand ge-
füllten LTrne gehören an Eisensachen: ein verbogenes Schwert, eine um-
gebogene Lanzenspitze, ein Schildbuckel und ein pfriemenartiger Gegenstand.
Die Urne ist besprochen und abgebildet: Bayerische Vorgeschichtsblätter 14,
1937, 89 u. Taf. 19 (G. Hock).
Hock sieht den Grabfund als sicher germanisch an, u. zw. wohl wegen
des Tongefäßes, das ihn an markomannische Keramik aus Böhmen erinnert.
Ist dieser Vergleich berechtigt, so fehlt doch vorerst der Nachweis germani-
scher Herkunft dieser um Chr. Geb. auftretenden Industrie, die noch nicht
im Zusammenhang bearbeitet ist.
4 Im württembergischen Neckarland, wo für die Spät-La-Tene-Zeit noch
keine Germanen zu erwarten sind, ist der einzige (!) bis heute sicher bekannte
Grabfund dieser Periode eine Körperbestattung; s. Iv. Bittel, Die Kelten
in Württemberg, 1934, 76f.
Nachtrag: Das inzwischen bekannt gewordene Brandgräberfeld von
Darmsheim, Kr. Böblingen, erschwert abermals die hier versuchte Grenz-
ziehung. Es fällt in die späte Mittel-La-Tene-Zeit und seine Waffenbeigaben
sind z. T. verbogen. Die vorläufige Veröffentlichung dieses wichtigen Stoffes
(Nachrichtenblatt für deutsche Vorzeit 16, 1940, 14f., G, Beiler) denkt an
E. Wahle :
her1, die wohl am besten als Wirtschaftsbetriebe der führenden
keltischen Gesellschaftsschicht zu deuten sind. Fragt man nun
nach Zeugnissen germanischer Besitznahme dieses vordem rein
keltischen Bodens, dann ist zunächst festzustellen, daß einwandfrei
germanischer Stoff nach unserer heutigen Kenntnis erst gegen etwa
200 n. Chr. einsetzt2. Denn die um 50 v. Chr. fallenden Bettinger
Funde enthalten nach dem bereits Gesagten keinen zwingenden
Hinweis auf germanische Herkunft, und dasselbe gilt von der ein-
zigen mainfränkischen Parallele, einem Grabe aus Würzburg selbst3,
das in die Zeit um Christi Geburt gehört. Und doch ist zu über-
legen, ob nicht diese beiden letztgenannten Fundorte den Ger-
manen zugeschrieben werden dürfen. Fallen die verschiedenen
Bräuche, also Leichenverbrennung, Waffenbeigabe und Verbiegen
der Waffen, an sich nicht in die Waagschale *— sagen sie vielleicht
etwas aus, sobald sie im Gegensatz zu dem eindeutig keltischen
Stoff der Körpergräber4 und Siedelungen stehen ? Gewiß veran-
1 Ebenda 20f. u. 28. Volk und Vorzeit 1, 1939, 70 (A. Dauber). —
Zu den Viereckschanzen als einem Element spätkeltischer Siedelung in Süd-
deutschland vgl. Iv. Bittel, Die Kelten in Württemberg, 1934, 99ff.
2 Brandgrab in Tauberbischofsheim, Badische Fundberichte 1927, 213ff.
(E. Wahle), um 200 anzusetzen. Etwas früher beginnt die Siedelung von
Baldersheim, Germania 14, 1930, 40ff. (W. Hojimel) u. 15, 1931, 83ff. (G.
Hock).
3 Kurz genannt: Führer durch das Fränkische Luitpold-Museum in
Würzburg2 1922, 128 (G. Hock) u. 23. Bericht der Römisch-Germanischen
Kommission 1933 (1934), 199 (P. Reinecke). Zu der mit Leichenbrand ge-
füllten LTrne gehören an Eisensachen: ein verbogenes Schwert, eine um-
gebogene Lanzenspitze, ein Schildbuckel und ein pfriemenartiger Gegenstand.
Die Urne ist besprochen und abgebildet: Bayerische Vorgeschichtsblätter 14,
1937, 89 u. Taf. 19 (G. Hock).
Hock sieht den Grabfund als sicher germanisch an, u. zw. wohl wegen
des Tongefäßes, das ihn an markomannische Keramik aus Böhmen erinnert.
Ist dieser Vergleich berechtigt, so fehlt doch vorerst der Nachweis germani-
scher Herkunft dieser um Chr. Geb. auftretenden Industrie, die noch nicht
im Zusammenhang bearbeitet ist.
4 Im württembergischen Neckarland, wo für die Spät-La-Tene-Zeit noch
keine Germanen zu erwarten sind, ist der einzige (!) bis heute sicher bekannte
Grabfund dieser Periode eine Körperbestattung; s. Iv. Bittel, Die Kelten
in Württemberg, 1934, 76f.
Nachtrag: Das inzwischen bekannt gewordene Brandgräberfeld von
Darmsheim, Kr. Böblingen, erschwert abermals die hier versuchte Grenz-
ziehung. Es fällt in die späte Mittel-La-Tene-Zeit und seine Waffenbeigaben
sind z. T. verbogen. Die vorläufige Veröffentlichung dieses wichtigen Stoffes
(Nachrichtenblatt für deutsche Vorzeit 16, 1940, 14f., G, Beiler) denkt an