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Wahle, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 2. Abhandlung): Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen: Grenzen der frühgeschichtlichen Erkenntnis. 1 — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42021#0064
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64

E. Wahle :

an zweiter und dritter Stelle besprochenen sehr ähnlich sind. Und
Menghin betont1 auf Grund einer reichen Erfahrung, ohne sich
aber auf Einzelheiten einzulassen, ,,daß der stammeskundlich-
archäologische Kontinuitätsnachweis an den Forscher ganz beson-
dere Anforderungen stellt. Genauigkeit in der Heranziehung und
Auswertung, Scharfsinn in der Interpretierung der Quellen und
weitüberschauende Kenntnis der Problemlage sind die persönlichen
Voraussetzungen für gedeihliche Arbeit auf diesem schlüpfrigen
Boden. Vor allem hat es sich in der Praxis als notwendig erwiesen,
auch bei der Behandlung von Einzelproblemen stets den Blick auf
das Ganze gerichtet zu halten, da es sich fast immer um die Ab-
wägung vieler und komplizierter Möglichkeiten handelt, die nur bei
universaler Einstellung zum Richtigen führen kann“.
Hier kommt die Neigung zum Ausdruck, die von Kossinna
angewandte Betrachtungsweise in methodischer Hinsicht zu för-
dern. Folgt man dem Genannten in bezug auf das Ziel, so erscheint
doch der Weg des Ausbaues bedürftig. Aber der Stimmen sind
nur wenige, die zur Vertiefung der Quellenkritik raten. Vielerorts
werden gerade die Probleme der frühgeschichtlichen Ethnographie
als verhältnismäßig einfach lösbar betrachtet. Wie man Kossinna
von dieser Seite her ohne seine Vorläufer sieht, so bleibt man bei
der von ihm vertretenen Norm. Und damit behält diejenige Kritik,
die schon zu Lebzeiten Kossinnas an seinen Deutungen geübt wor-
den ist, auch heute noch ihre Gültigkeit.
5.
Kossinna benötigt eine gewisse Zeit, um sich mit seiner Be-
trachtungsweise durchzusetzen und eine Nachfolge zu finden. Die
Form, in der er — namentlich in den älteren Arbeiten — seine Er-
kenntnisse vorträgt, vermag nicht für sie zu werben. Dazu gesellt
sich der wiederholte Wechsel seiner Ansichten, welcher im Wider-
spruch zu dem sehr bestimmten Ton steht, in dem sie dargeboten
werden. Besonders auffallend tritt dieser Wandel der Deutung in
der Beantwortung der Frage nach der Indogermanenheimat in Er-
scheinung, wo man bei ihm nicht weniger als vier Stufen der Ent-
wicklung zählen kann2. In den altneolithischen und mesolithischen
1 1936, 61.
2 1895 (Vortrag, abgedruckt: Zeitschrift des Vereins für Volkskunde
1896): „vielleicht an der mittleren Donau“.
1902 (Zeitschrift für Ethnologie, Bd. 34, 161—222; Die indogermanische
 
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