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Wahle, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 2. Abhandlung): Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen: Grenzen der frühgeschichtlichen Erkenntnis. 1 — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42021#0016
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16

E. Wahle:

Wanderbewegung von beachtlichem Ausmaß stattfand, so groß,
daß gallische Stämme deshalb unruhig wurden und Caesar es für
nötig hielt, in den Fluß dieser Dinge einzugreifen. Blieb er in der
Auseinandersetzung mit Ariovist der Sieger, so sind doch diese
germanischen Scharen aus der Bevölkerungsgeschichte des Ober-
rheingebietes nicht hinwegzudenken. Was wir bis heute an Funden
haben, erlaubt es nicht, diesen Vorgang der germanischen Land-
nahme zu verfolgen, geschweige denn das Bild der Schriftquellen
zu bereichern. Die vorgeschichtliche Forschung steht damit vor
der Erkenntnis, daß sie — wenigstens in diesem einen Fall — nicht
in der Lage ist, einen stattgehabten Wechsel der tonangebenden
Bevölkerung nachzuweisen. Fundverhältnisse und Fundinventar
lassen sich so gut wie restlos im Sinne der Kontinuität der boden-
ständigen Bewohnerschaft deuten: würden uns die Schriftquellen
fehlen, so wüßten wir also nichts von dem Erscheinen der Elb-
germanen am Oberrhein. Eine an der Grenze gegen die geschicht-
liche Zeit hin gewonnene Erfahrung, welche auf die vorangegan-
genen Jahrhunderte und Jahrtausende angewandt zu werden ver-
langt.
2.
Die zahlreichen Eisensachen von sehr ausgesprochener Form-
gebung, welche am Ufer des Neuenburger Sees in dem Gelände
La-Tene seit Beginn der 1850er Jahre gefunden wurden, nehmen
in der Geschichte der Frühzeitforschung deshalb eine ganz beson-
dere Stellung ein, weil sich die Systematik des Fundstoffes ihrer
schon sehr bald bedient hat. Was anderwärts in Mitteleuropa und
Skandinavien verhältnismäßig vereinzelt auftrat, begegnete hier in
ungleich größerer Menge und einem offenbar geschlossenen Funde,
und so führte denn H. Hildebrand, als er an die erste Ordnung
europäischen Fundstoffes aus der Eisenzeit ging, den Begriff der
La-Tene-Zeit ein. Er ließ sie als eigene Zeitperiode der älteren
Eisenzeit (Hallstatt-Zeit) folgen und sah auf germanischem Boden
ihre Weiterentwicklung in einer dritten, die ersten Jahrhunderte
n. Chr. Geb. füllenden Stufe1. Ein Jahrzehnt später teilte 0. Tisch-
ler die Altertümer der La-Tene-Zeit in drei Unterabteilungen2,
1 Vortrag von 1874; Sur les commencements de l’äge du fer en Europe.
Congres internationaux d’anthropologie et d’archeologie prehistoriques, VII,
II, 1876. 599.
2 Korrespondenzblatt der Deutschen Gesellschaft für Anthropologie,
Ethnologie und Urgeschichte 16, 1885, 157—161 u. 172.
 
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