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Wahle, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 2. Abhandlung): Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen: Grenzen der frühgeschichtlichen Erkenntnis. 1 — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42021#0096
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96

E. Wahle:

der Kette der angestammten Instinkte, der Gewohnheit und der
unmittelbaren Nützlichkeit losriß.Der Ikarussturz beweist,
daß die Sehnsucht zum Aufschwung bestand. Gleich weit entfernt
der verzweifelnden Abkehr von der Natur und der verzagenden
Rückkehr zu ihr steht das, was immer wieder vorwärtstrieb: der
Drang, kein passives Geschöpf, sondern selbst schöpferische Natur
zu sein“1.

7.
Die hervorragende Persönlichkeit ist also die Trägerin auch
der frühgeschichtlichen Entwicklung; doch kann sie in dem archä-
ologischen Stoff insgesamt mehr vermutet als wirklich nach-
gewiesen werden. Näher als sie lag und liegt der Prähistorie das
Studium der Kulturprovinz, um die ja ihre Interessen in der Tat
immer in erster Linie kreisen. Stand für die romantische Früh-
geschichtsforschung mit der Betonung der persönlichen Beziehung
zu dem Altertum auch die besondere Leistung im Vordergrund,
so brachten einerseits das Verklingen ihrer tragenden Idee wie
anderseits die außerordentliche Vermehrung des Fundstoffes die
Herausstellung des Typischen mit sich; aus dieser Betonung des
Durchschnittlichen aber ging die Ermittelung der Kulturprovinz
hervor. Wenn sich auch an dieser Stelle die Betrachtung jetzt der
Kulturprovinz zuwendet, so bedeutet dies jedoch nur scheinbar
eine Abkehr von dem im vorangegangenen Kapitel angeschnittenen
Thema. Es wird nicht an eine erneute Beschäftigung mit der-
jenigen Erscheinungsform der Typologie gedacht, welche lediglich
der Abgrenzung der Fundkreise und ihrer Belehnung mit einem
Stammesnamen dient. Denn auch hinter der Gleichartigkeit der
in Raum und Zeit festliegenden archäologischen Erscheinungen
steht der handelnde Mensch, welcher sich vermittels dieser persön-
lichen Note von seiner Umwelt abhebt.
Der Vergleich des neu anfallenden Stoffes mit dem bereits
bekannten ist natürlich so alt wie die Prähistorie selbst. Unter-
schiede und Übereinstimmungen in dem Fundmaterial legen es
nahe, außer dem zeitlichen Nacheinander auch ein räumliches
Nebeneinander zu suchen, und dazu kommt nun, wie bereits ge-
zeigt, die ebenfalls schon immer vorhanden gewesene Neigung, auf
die Funde die überlieferten Völkernamen zu verteilen. Das metho-
1 Forschungen und Fortschritte 14,1938, 87 (H. Pichler in einem Auf-
satz über den faustischen Geist in der Vorgeschichte).
 
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