Zur ethnischen Deutung t'rühgeschichtlicher Kulturprovinzen
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satz hierzu herrscht im La-Tene- Kreis Gediegenheit und Strenge.
Selbst goldene Gegenstände sind hier nicht selten massiv gearbeitet.
Der Prozentsatz an guten, durchgeformten Einzelstücken ist hier
ungleich größer als wie im Hallstatt-Kreis, und er verrät sowohl
schöpferische Phantasie wie gestaltende Kraft. Eine Fülle ver-
schiedenartigster Gedanken findet in diesen Metallarbeiten leben-
digen Ausdruck. Und sie begegnen auch noch dort, wo der frühe
La-Tene-Stil in weitere Kreise des keltischen Volkes eingedrungen
ist; ja, es erscheint als das besondere Kennzeichen dieser künst-
lerischen Veranlagung, daß sie die Kelten viele Jahrhunderte hin-
durch begleitet und trotz der Länge dieses Weges immer neuen Aus-
druck findet. Es handelt sich also nicht nur um einen vollständi-
gen Wandel der Kunstform, sondern auch um einen solchen der
inneren Einstellung. Der Weg verläuft hier von der Äußerlichkeit
zur Ehrlichkeit.
Will man diese tiefgreifende Veränderung ursächlich deuten,
dann versagen die Funde. Diese sind bis zur Grenze ihrer Aus-
sagefähigkeit ausgeschöpft. Jeder Versuch, hier mit irgend-
welchen von außen her abgeleiteten Kräften, handele es sich um
Menschen oder um Anregungen, zu arbeiten, würde, wie schon an-
gedeutet, das Problem doch nicht lösen. So gilt es, nach einer Er-
klärung dieses Vorganges zu suchen, der im Verhältnis zu den uns
von den Schriftquellen her bekannten Grundtatsachen der kelti-
schen Frühzeit die größte Wahrscheinlichkeit zukommt.
Gegen 400 v. Chr. stehen die Kelten auf der Höhe ihrer Macht.
Es folgen die großen Wanderungen, die zu einer Bedrohung der
Antike führen; aber diese Zeit gewaltiger Kraftentladung wird ab-
gelöst durch eine solche relativer Erschöpfung, welche die beiden
letzten Jahrhunderte vor Beginn unserer Zeitrechnung einnimmt.
Diesem historischen Bilde entspricht dasjenige, das die archä-
ologischen Quellen für die Festlandkelten entrollen. In die Zeit
ihrer ausgesprochenen Machtstellung fällt der frühe La-Tene-Stil;
das La-Tene B wird von denjenigen Waffenfähigen getragen, welche
den Namen des Keltenvolkes der Welt verkündigen, und die Stufen
C und D lassen eine gewisse Erschlaffung seiner schöpferischen
Kraft erkennen. In dem historischen Bilde wie in dem archä-
ologischen kommt der Führerschicht eine ganz besondere Bedeu-
tung zu; dort lenkt sie die politische Entwicklung, und hier ist
sie die Förderin des Kunstgewerbes. Im Hallstatt-Kreis bereitet sich
diese ihre Stellung bereits weitgehend vor; der neue Kunst st il ent-
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satz hierzu herrscht im La-Tene- Kreis Gediegenheit und Strenge.
Selbst goldene Gegenstände sind hier nicht selten massiv gearbeitet.
Der Prozentsatz an guten, durchgeformten Einzelstücken ist hier
ungleich größer als wie im Hallstatt-Kreis, und er verrät sowohl
schöpferische Phantasie wie gestaltende Kraft. Eine Fülle ver-
schiedenartigster Gedanken findet in diesen Metallarbeiten leben-
digen Ausdruck. Und sie begegnen auch noch dort, wo der frühe
La-Tene-Stil in weitere Kreise des keltischen Volkes eingedrungen
ist; ja, es erscheint als das besondere Kennzeichen dieser künst-
lerischen Veranlagung, daß sie die Kelten viele Jahrhunderte hin-
durch begleitet und trotz der Länge dieses Weges immer neuen Aus-
druck findet. Es handelt sich also nicht nur um einen vollständi-
gen Wandel der Kunstform, sondern auch um einen solchen der
inneren Einstellung. Der Weg verläuft hier von der Äußerlichkeit
zur Ehrlichkeit.
Will man diese tiefgreifende Veränderung ursächlich deuten,
dann versagen die Funde. Diese sind bis zur Grenze ihrer Aus-
sagefähigkeit ausgeschöpft. Jeder Versuch, hier mit irgend-
welchen von außen her abgeleiteten Kräften, handele es sich um
Menschen oder um Anregungen, zu arbeiten, würde, wie schon an-
gedeutet, das Problem doch nicht lösen. So gilt es, nach einer Er-
klärung dieses Vorganges zu suchen, der im Verhältnis zu den uns
von den Schriftquellen her bekannten Grundtatsachen der kelti-
schen Frühzeit die größte Wahrscheinlichkeit zukommt.
Gegen 400 v. Chr. stehen die Kelten auf der Höhe ihrer Macht.
Es folgen die großen Wanderungen, die zu einer Bedrohung der
Antike führen; aber diese Zeit gewaltiger Kraftentladung wird ab-
gelöst durch eine solche relativer Erschöpfung, welche die beiden
letzten Jahrhunderte vor Beginn unserer Zeitrechnung einnimmt.
Diesem historischen Bilde entspricht dasjenige, das die archä-
ologischen Quellen für die Festlandkelten entrollen. In die Zeit
ihrer ausgesprochenen Machtstellung fällt der frühe La-Tene-Stil;
das La-Tene B wird von denjenigen Waffenfähigen getragen, welche
den Namen des Keltenvolkes der Welt verkündigen, und die Stufen
C und D lassen eine gewisse Erschlaffung seiner schöpferischen
Kraft erkennen. In dem historischen Bilde wie in dem archä-
ologischen kommt der Führerschicht eine ganz besondere Bedeu-
tung zu; dort lenkt sie die politische Entwicklung, und hier ist
sie die Förderin des Kunstgewerbes. Im Hallstatt-Kreis bereitet sich
diese ihre Stellung bereits weitgehend vor; der neue Kunst st il ent-