32. E. Wahle:
diese Beigen in ihrem Ausgangsgebiet noch nicht Umrissen werden.
Wir sprechen wohl von „belgischer Ware“; aber die darunter ver-
standene Keramik gehört lediglich der älteren Hälfte des 1. Jahr-
hunderts n. Ghr. an, und gestattet zudem als ein auf dem Handels-
wege verbreitetes besseres Geschirr keine Ermittelung volklicher
Grenzen. Ob die Beigen an der La-Tene-Kultur teilgenommen
haben oder nicht, steht noch ganz dahin, und wie sie von den
linksrheinischen Germanen archäologisch geschieden werden kön-
nen, wissen wir ebenfalls noch nicht. Als ein Problem der Boden-
forschung erstrecken sich Beigen und linksrheinische Germanen
über nicht weniger als fünf verschiedene Staaten, in denen die
frühgeschichtliche Denkmalpflege verschieden weit gediehen ist
und nicht minder verschiedene Wege geht. Angesichts dieser Lük-
ken unseres Wissens ist es in der Tat unmöglich, heute schon eine
Geschichte der linksrheinischen Völkerstämme auf archäologischer
Grundlage schreiben zu wollen. In Hinblick darauf jedoch, daß
sich viele aus den Schriftquellen bekannte Völkerbewegungen in
den Funden widerspiegeln, möchte man erwarten, daß wenigstens
jene germanische Landnahme links des Niederrheins einen archä-
ologischen Niederschlag gefunden hat. Wenn schon die Zeit nach
dem großen germanischen Vorstoß eine solche des inneren Aus-
gleiches der volklichen Gegensätze und damit schwer zu deutender
Fundbilder gewesen sein soll, dann müßte sich doch wenigstens
das plötzliche Auftreten der Neuankömmlinge irgendwie bemerk-
bar machen. Nach den Verhältnissen an den anderen Fronten des
germanischen Siedelungsbereiches sollte es insbesondere möglich sein,
die Fortsetzung des schon genannten germanischen Fund gut es
des 5. Abschnittes der Bronzezeit auch links des Stromes zu finden
und hieraus sowohl Zeit wie Raum der Landnahme zu ermitteln.
In der Tat hat es an derartigen Versuchen nicht gefehlt. Sowohl
der Harpstedter Rauhtopf wie der bronzene Wendelring sind dafür
in Anspruch genommen worden, und ferner auch der Mehrener
Fundkreis im Rheinischen Schiefergebirge1. Aber wer hier ein sicher
1 Vgl. dazu E. Wahle, Deutsche Vorzeit, 1932, 122f. und Karte 5, wo
das Problem der Beigen und linksrheinischen Germanen schon in dem hier
vorgetragenen Sinne gesehen wird. Wenn die von mir in der Neuen Propyläen-
Weltgeschichte 2, 1940, 42, gebotene, das Wachsen des südgermanischen
Lebensraumes vom Beginn der Eisenzeit bis um Christi Geburt betreffende
Karte die Verhältnisse in Thüringen und Hessen noch nicht in dem hier vor-
getragenen Sinne deutet, so deshalb, weil sie schon vor einigen Jahren ent-
standen ist und aus technischen Gründen nicht mehr berichtigt werden konnte.
diese Beigen in ihrem Ausgangsgebiet noch nicht Umrissen werden.
Wir sprechen wohl von „belgischer Ware“; aber die darunter ver-
standene Keramik gehört lediglich der älteren Hälfte des 1. Jahr-
hunderts n. Ghr. an, und gestattet zudem als ein auf dem Handels-
wege verbreitetes besseres Geschirr keine Ermittelung volklicher
Grenzen. Ob die Beigen an der La-Tene-Kultur teilgenommen
haben oder nicht, steht noch ganz dahin, und wie sie von den
linksrheinischen Germanen archäologisch geschieden werden kön-
nen, wissen wir ebenfalls noch nicht. Als ein Problem der Boden-
forschung erstrecken sich Beigen und linksrheinische Germanen
über nicht weniger als fünf verschiedene Staaten, in denen die
frühgeschichtliche Denkmalpflege verschieden weit gediehen ist
und nicht minder verschiedene Wege geht. Angesichts dieser Lük-
ken unseres Wissens ist es in der Tat unmöglich, heute schon eine
Geschichte der linksrheinischen Völkerstämme auf archäologischer
Grundlage schreiben zu wollen. In Hinblick darauf jedoch, daß
sich viele aus den Schriftquellen bekannte Völkerbewegungen in
den Funden widerspiegeln, möchte man erwarten, daß wenigstens
jene germanische Landnahme links des Niederrheins einen archä-
ologischen Niederschlag gefunden hat. Wenn schon die Zeit nach
dem großen germanischen Vorstoß eine solche des inneren Aus-
gleiches der volklichen Gegensätze und damit schwer zu deutender
Fundbilder gewesen sein soll, dann müßte sich doch wenigstens
das plötzliche Auftreten der Neuankömmlinge irgendwie bemerk-
bar machen. Nach den Verhältnissen an den anderen Fronten des
germanischen Siedelungsbereiches sollte es insbesondere möglich sein,
die Fortsetzung des schon genannten germanischen Fund gut es
des 5. Abschnittes der Bronzezeit auch links des Stromes zu finden
und hieraus sowohl Zeit wie Raum der Landnahme zu ermitteln.
In der Tat hat es an derartigen Versuchen nicht gefehlt. Sowohl
der Harpstedter Rauhtopf wie der bronzene Wendelring sind dafür
in Anspruch genommen worden, und ferner auch der Mehrener
Fundkreis im Rheinischen Schiefergebirge1. Aber wer hier ein sicher
1 Vgl. dazu E. Wahle, Deutsche Vorzeit, 1932, 122f. und Karte 5, wo
das Problem der Beigen und linksrheinischen Germanen schon in dem hier
vorgetragenen Sinne gesehen wird. Wenn die von mir in der Neuen Propyläen-
Weltgeschichte 2, 1940, 42, gebotene, das Wachsen des südgermanischen
Lebensraumes vom Beginn der Eisenzeit bis um Christi Geburt betreffende
Karte die Verhältnisse in Thüringen und Hessen noch nicht in dem hier vor-
getragenen Sinne deutet, so deshalb, weil sie schon vor einigen Jahren ent-
standen ist und aus technischen Gründen nicht mehr berichtigt werden konnte.